

Berlin (epd). Anlass des Schreibens ist die Erste Lesung im Plenum am 26. Juni zu zwei Gesetzentwürfen für eine Neuregelung des Transplantationsrechtes. "Wir lehnen die Widerspruchsregelung entschieden ab", heißt es in dem Brief.
Zur Begründung führen die Mediziner vier Gründe auf. Erstens resultiere die Krise der Transplantationsmedizin primär aus Vertrauensverlust und Organisationsversagen, nicht aus einer fehlenden Bereitschaft zur Organspende. "In den letzten Jahren wurden wiederholt Unregelmäßigkeiten bei der Organzuteilung aus verschiedenen Zentren gemeldet. Auch wurden grundsätzliche Bedenken bezüglich des Hirntodkonzepts nicht ernst genommen und diskutiert, sondern schlichtweg geleugnet", so der Ärzteverein.
Beides habe dazu geführt, dass das Vertrauen vieler Bürger in die Transplantationsmedizin deutlich abgenommen habe. Schwierigkeiten bei der Organisation der Organentnahme hätten ebenso die Spenderzahlen reduziert.
Zweitens zeige die Erfahrung aus anderen Ländern, dass die Einführung der Widerspruchsregelung nicht automatisch zu einer Erhöhung der Spenderorgane führt. "In Schweden und Singapur hat die Widerspruchsregelung die Spenderzahl nicht verändert, während in Brasilien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Lettland, Luxemburg und Wales die Organspenderate nach Etablierung einer Widerspruchslösung sogar gesunken ist."
Selbst in Spanien, das oft als Erfolgsgeschichte präsentiert wird, hat sich die Spenderate nach Einführung der Widerspruchslösung sechs Jahre lang nicht verändert. Experten gehen davon aus, dass die Zunahme der Spenderate, die danach in Spanien beobachtet wurde, nicht auf die Widerspruchslösung, sondern in erster Linie auf eine Verbesserung der Transplantationsinfrastruktur zurückzuführen war", heißt es in dem Brief.
Bevor man zum radikalen Systemwechsel greift, sollte man die existierenden Strukturen der Transplantationsmedizin verbessern. Denn erst in Februar dieses Jahres wurde das "Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende" vom Bundestag als Reaktion auf die offensichtlichen Mängel in diesem Bereich verabschiedet.
Viertens seien die Würde des Menschen und die ethischen Grundsätze ärztlichen Handelns auch und insbesondere in den Grenzbereichen menschlichen Lebens zu wahren, stellt der Ärzteverein klar.
Die Ablehnung der Widerspruchsregelung "bedeutet keine Vernachlässigung der Transplantationsmedizin, da ein alternativer Gesetzentwurf, der einige der skizzierten Probleme berücksichtigt, ebenfalls zur Abstimmung vorliegt“, erklärte Professor Paul Cullen, der erste Vorsitzende der "Ärzte für das Leben".