

Berlin (epd). In Deutschland sind nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe etwa 52.000 Menschen, die auf der Straße leben, auf eine Winterunterkunft angewiesen. Sie würden nicht ausreichend geschützt, denn: "Schon vor dem meteorologischen Winteranfang am 1. Dezember sind mindestens acht wohnungslose Menschen bei Kälte auf der Straße gestorben", sagte Geschäftsführerin Werena Rosenke dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Städte und Gemeinden müssten mehr menschenwürdige Unterbringungsplätze bereithalten, forderte Rosenke: "Viele Unterkünfte sind überbelegt und es mangelt am Nötigsten." Die hygienischen Bedingungen seien oft schlecht, es gebe keine Privatsphäre und die Betroffenen dürften ihre Hunde nicht mitbringen. "Unter diesen Umständen wird es für die Menschen immer schwieriger, aus der Obdachlosigkeit herauszukommen", sagte die Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft. "Das ist ein Teufelskreis."
Dabei sei die Rechtslage eindeutig, betonte Rosenke: "Wer unfreiwillig obdachlos ist, hat von der Kommune erst einmal eine Unterkunft zu bekommen und darf nicht abgewiesen werden. Da geht es um den Schutz von Leib und Leben, das ist ein Menschenrecht." Herkunft und sozialrechtliche Ansprüche dürften dabei keine Rolle spielen.
Dass viele Kommunen die Aufnahme an Bedingungen knüpften sei ebenso rechtswidrig wie die Praxis, den Aufenthalt auf wenige Tage zu beschränken. "Wir bezeichnen das als sogenannte vertreibende Hilfe", sagte sie. "Damit zwingt man einen Menschen erst in die Nichtsesshaftigkeit, denn wenn er nur drei Mal an derselben Stelle übernachten darf, muss er ja weiterziehen." Auch die Winteröffnung von U-Bahnhöfen für Obdachlose in einigen Städten sei "nur ein allerletzter Notnagel, denn wenn es richtig kalt wird, kann man auch da erfrieren".
Seit 1991 sind in Deutschland nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft mehr als 300 Kältetote unter Wohnungslosen zu beklagen. Die Dunkelziffer sei vermutlich hoch, da nur Fälle von der Arbeitsgemeinschaft dokumentiert werden könnten, die in der Presse erscheinen, erklärte Rosenke. Auch wie viele Notunterbringungsstellen aktuell fehlten, könne nicht genau beziffert werden, da die Zahl der zusätzlichen Winterplätze in den Kommunen nirgendwo zentral erfasst werde.
Um weitere Kältetote zu verhindern, sollten die Kommunen telefonische Notrufe einrichten und Bürger auffordern, bei Notfällen nicht wegzuschauen, sagte sie. "Vor allem Städte mit vielen Wohnungslosen sollten mit Kältebussen aktiv nach gefährdeten und hilflosen Personen suchen. Das rettet im Zweifelsfall Leben."
"Der beste Schutz vor lebensbedrohlicher Kälte ist aber die eigene Wohnung," betonte Rosenke. Benötigt würden daher mehr bezahlbarer Wohnraum und eine bessere Prävention, damit weniger Menschen ihre Wohnung verlieren.