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Bayern

Hebammenverband: Hochschulausbildung ist ein erster Schritt




Astrid Giesen
epd-bild/Hebammenverband
Eine EU-Richtlinie, die bis 2020 umzusetzen ist, sieht vor, die Hebammenausbildung an die Hochschulen zu verlegen. Das bayerische Kabinett hat dafür nun grünes Licht gegeben. Bayernweit sollen rund 100 Absolventen pro Jahr einen Studiengang abschließen, lautet das Ziel. Der Landeshebammenverband begrüßt das.

Hebammen stehen vor großen Herausforderungen: Die Geburtenzahlen steigen, das Personal in Geburtskliniken ist knapp und die Versorgung bei der Wochenbettbetreuung ist für die Hebammen kaum noch zu bewältigen. Die geplante universitäre Ausbildung sei ein "erster Schritt in die richtige Richtung, der längst fällig war", sagte Astrid Giesen, die Vorsitzende des bayerischen Hebammenverbandes, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Fragen stellte Gabriele Ingenthron.

epd sozial: Frau Giesen, erfüllt der Kabinettsbeschluss Ihre Erwartungen?

Astrid Giesen: Ja. Die Hochschulen werden finanziert, um diese neue Ausbildung stemmen zu können. Aber die Hebammenausbildung ist zu 50 Prozent ja auch eine sehr praktische Ausbildung. Für mich kommt es deshalb darauf an, dass dieser praktische Teil gut strukturiert wird. Auch dafür müssen Gelder bereitgestellt werden. Die Studierenden dürfen im Kreißsaal nicht nur auf sich allein gestellt sein, sondern sie müssen vor Ort erfahrene Hebammen haben, die sie begleiten. Das ist der nächste Schritt der jetzt dringend getan werden muss.

epd: Was ist noch zu bedenken?

Giesen: Wichtig ist auch, dass die praktische Ausbildung nicht nur an den Universitätskliniken angesiedelt ist, sondern auch in kleinen Krankenhäusern, damit Hebammen nicht nur lernen, mit schwierigen Geburtssituationen umzugehen, sondern auch lernen, wie man eine physiologische Geburt fördert.

epd: Wie viele Hochschulstandorte werden benötigt und wie viele Hebammen braucht es in Bayern, um den Engpass in der Geburtshilfe zu überwinden?

Giesen: Wir gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren etwa 20 Prozent der Hebammen aufhören werden. Zudem besteht bereits jetzt eine Mangelversorgung. Was das in Zahlen konkret heißt, müsste im Einzelnen untersucht werden aufgrund einer genauen Datenerhebung. Die liegt aber nicht vor. Was die Standorte angeht: Mit drei Hochschuldstandorten, im Norden, Süden und Osten, die die Hochschulausbildung organisieren, wären wir gut bedient.

epd: Lässt sich mit dem Studium auch das Ungleichgewicht beheben, das es zuletzt gab, und bei dem immer weniger Hebammen in die Geburtshilfe gehen wollten?

Giesen: Primär hapert es in der Tat im geburtshilflichen Sektor, weil nur noch 50 Prozent der Hebammen, die frisch aus der Schule kommen, in die Geburtshilfe gehen wollen. Die anderen 50 Prozent trauten sich die Geburtshilfe erst gar nicht mehr zu, weil sie immer mehr zur Geburtsmedizin wurde.

epd: Und in Zukunft?

Giesen: Wir sehen die große Chance der neuen Ausbildung, dass die Hebammen wirklich so ausgebildet werden, dass sie sowohl Lust haben in die Geburtshilfe zu gehen, als auch sich gestärkt und kompetent genug fühlen. Zudem war der Verdienst der in Kliniken angestellten Hebammen sehr gering. Er war nicht angemessen im Verhältnis zu dem, was eine Hebamme rund um die Uhr leistet und welche Verantwortung sie trägt. Durch die Hochschulausbildung dürfte sich auch das langfristig ändern.