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Verbände kritisieren zu harte Sanktionen für Hartz-IV-Bezieher



Jobcenter kürzen einer neuen Erhebung zufolge Hartz-IV-Leistungen in Nordrhein-Westfalen vor allem dann, wenn die Bezieher Termine mit ihren Beratern nicht einhalten. "Höhe und Umfang der Leistungskürzungen stehen in keiner angemessenen Relation zur Schwere der Verstöße", erklärte Christian Heine-Göttelmann, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege Nordrhein-Westfalen, am 18. September in Düsseldorf. 78 Prozent der Sanktionen sind laut dem aktuellen Arbeitslosenreport der Spitzenverbände auf Meldeversäumnisse zurückzuführen.

Die Jobcenter hätten 2017 insgesamt knapp 223.000 Sanktionen verhängt, das seien fast ein Prozent mehr als im Vorjahr. Etwa jede zwölfte Leistungskürzung ist den Angaben nach darauf zurückzuführen, dass sich die Betroffenen weigerten, eine Arbeit, Ausbildung oder Qualifizierungsmaßnahme aufzunehmen oder fortzuführen.

"Wenn der Regelsatz, der ohnehin nur das Existenzminimum sichert, um zehn bis zu 60 Prozent gekürzt wird, ist das für Hartz-IV-Bezieher eine Katastrophe", erklärte Heine-Göttelmann. Viele Hartz-IV-Bezieher würden zudem sanktioniert, die psychische Beeinträchtigungen, Suchterkrankungen, funktionalen Analphabetismus oder interkulturelle Verständigungsschwierigkeiten hätten. In diesem Fall benötigten die Betroffenen eine Beratung und Unterstützung, die Rücksicht auf ihre Situation nehme, forderte Heine-Göttelmann.

Die Freie Wohlfahrtspflege NRW plädierte außerdem für die Abschaffung der besonders scharfen Sanktionen für unter 25-Jährige. Laut Gesetz können ihre Leistungen schon beim ersten Verstoß so weit gekürzt werden, dass sie nur noch für Unterkunft und Heizung reichten. Im Wiederholungsfall werde oft gar kein Geld mehr gezahlt, erklärte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der 16 Spitzenverbände in NRW. Dadurch spitze sich die prekäre Lebenslage der Jugendlichen zu. Viele endeten dadurch in sozialer Isolation, Kleinkriminalität, Schwarzarbeit, Suchtmittelkonsum oder Verschuldung.