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Gesundheit

Kinder- und Jugendärzte beklagen Unterversorgung von Jugendlichen



Deutschlands Kinder- und Jugendärzte beobachten bei ihren jungen Patienten zunehmend psychosomatische Störungen. Dabei fehle gerade bei der sehr aufwendigen Behandlung von Schlaf- und Essstörungen sowie von chronischen Schmerzen für die Behandlung von Jugendlichen die nötige Zeit, sagte der fachliche Leiter des 24. Jugendmedizin-Kongresses, Burkhard Ruppert, am 13. April in Weimar. Nach seinen Angaben zählen die jungen Leute zu der am schlechtesten versorgten Altersgruppe in Deutschland. 20 Jahre nach Einführung von Gesundheitsuntersuchungen für Jugendliche würden diese mit 43 Prozent von nur weniger als der Hälfte der Anspruchsberechtigten genutzt, beklagte der Mediziner.

Dauerbrenner für die Kinder- und Jugendärzte bleiben die aus ihrer Sicht unbefriedigenden Impfquoten in Deutschland. Der Impfstatus junger Eltern selbst sei oft "katastrophal lückenhaft", kritisierte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Deutschlands (BVKJ), Thomas Fischbach. Es seien weniger die Impfgegner, die Sorgen bereiteten, sondern die "Schusseligkeit" mancher Eltern. Deshalb sei es notwendig, das Impfen von Eltern bundesweit auch in den Kinderarztpraxen zu erlauben. Zudem müsse für alle Kindergartenkinder eine Impfpflicht gelten, sagte Fischbach.

Kritisch sehen die Experten die Pläne der neuen Bundesregierung zur umfassenden Digitalisierung des Schulalltags. Diese würden auch Risiken bergen, wie die etwa 100.000 Kinder im Alter von zwölf bis 17 Jahren belegten, die nach einer aktuellen Studie der Krankenkasse DAK in Deutschland als süchtig nach sozialen Medien gelten. Gerade die Jüngeren seien nicht in der Lage, selbstverantwortlich mit einem eigenen Smartphone oder Tablet umzugehen, hieß es.

Noch entschiedener wandte sich Fischbach gegen eine zu frühe Nutzung digitaler Medien. Bildschirme hätten bei Kleinkindern nichts verloren. "Sie brauchen für ihre Entwicklung andere Reize, als sie durch Medien bekommen", sagte Fischbach. Es gebe deutliche Hinweise darauf, dass es einen Zusammenhang zwischen Entwicklungsproblemen und einem hohen Medienkonsum gibt. Gerade weil es noch zu wenige Untersuchungen und wissenschaftliche Erkenntnisse zu diesem Thema gebe, sprach sich Fischbach dafür aus, die Kinder besser vorausschauend zu schützen, als sie zu früh digitalen Medien auszusetzen.


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