sozial-Politik

Niedersachsen

Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie werden reduziert



Das Land Niedersachsen will Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie soweit wie möglich reduzieren. "Es ist eine Gratwanderung", sagte Sozialministerin Carola Reimann (SPD) am 10. April bei einer Fachtagung in der Evangelischen Akademie Loccum. Denn manchmal müssten psychisch kranke Menschen vor sich selbst geschützt werden.

Auch in diesen Fällen gelte es jedoch, die Würde und die Selbstbestimmung der Patientinnen und Patienten zu achten und Zwangsmaßnahmen auf das absolut notwendige Maß zu beschränken, fügte Reimann hinzu. Sie erarbeite deshalb derzeit gemeinsam mit Betroffenen, Angehörigen und weiteren Experten Maßnahmen zur Vermeidung von Zwang. Zwangsmaßnahmen sind etwa Isolation, zwangsweise Ernährung oder mechanische oder medikamentöse Ruhigstellung von Psychiatriepatienten.

Der Vorsitzende des Landesfachbeirats Psychiatrie Niedersachsen, Wolfram Beins, begrüßte das Vorhaben. "Die Psychiatrie in Niedersachsen hat die Aufgabe, stets nach Alternativen zu Zwangsmaßnahmen zu suchen", sagte Beins.

Dabei reiche es nicht aus, in den stationären Einrichtungen etwas zu verändern, betonten Fachleute bei der Tagung. Auch das ambulante Angebot vor Ort müsse erweitert werden. Neben verbesserten Krisenhilfen in den Kommunen - insbesondere nachts und an Wochenenden - wurden auch Rückzugsräume und "Weglaufhäuser" genannt. Solche Orte könnten Menschen Zuflucht bieten, die eine Alternative zur gängigen psychiatrischen Behandlung suchten.

Wichtig sei zudem eine stärkere Vernetzung der Hilfsangebote, etwa durch den Aufbau von Gemeindepsychiatrischen Zentren, hieß es weiter. Multiprofessionelle Behandlungsteams, die psychisch kranke Menschen zu Hause aufsuchten, seien in der Lage, schnell und flexibel auf mögliche Krisen reagieren. Zwangseinweisungen könnten so eher vermieden werden.


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