Ausgabe 35/2017 - 01.09.2017
Erfurt (epd). Nach der Privatisierung von öffentlichen Krankenhäusern gelten für die Beschäftigten häufig weiter die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst. Ein privater Klinikbetreiber könne sich von den Tarifverträgen nur lösen, wenn er mit Zustimmung des Arbeitnehmers einen neuen Arbeitsvertrag vereinbare oder eine Änderungskündigung ausspreche, urteilte am 30. August das Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt. Eine Änderungskündigung müsse aber "sozial gerechtfertigt" sein. Das ist der Fall, wenn etwa eine Schließung des Unternehmens droht.
Damit bekam eine seit 1986 angestellte Stationshilfe in einem Krankenhaus im hessischen Langen-Seligenstadt recht. Für das kommunale Krankenhaus galt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Laut Arbeitsvertrag sollten auch immer die aktuellen TVöD-Tarife angewendet werden. Als das Krankenhaus privatisiert wurde, sollten die TVöD-Tarife nun nicht mehr gelten. Die Klinik gehört seit Mitte 2008 dem Asklepios-Klinikkonzern an.
Das BAG legte das Verfahren dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vor. Dieser hatte mit Urteil vom 27. April 2017 keine Einwände, dass der TVöD weiter für die Alt-Beschäftigten gilt (AZ: C-680/15 und C-681/15). Daraufhin entschied nun das BAG, dass für die klagende Stationshilfe weiterhin der jeweils aktuelle TVöD anzuwenden sei. Ein Betriebserwerber wie Asklepios könne allenfalls einen neuen Arbeitsvertrag vereinbaren oder - beispielsweise wegen wirtschaftlicher Zwänge - eine Änderungskündigung aussprechen.
Az.: 4 AZR 95/14