sozial-Recht

Bundessozialgericht

Höheres Arbeitslosengeld wegen Lohnnachzahlung



Erhalten Arbeitnehmer für einen Lohnverzicht zum Erhalt ihres Arbeitsplatzes später doch noch eine Nachzahlung, dürfen sie nicht mit geringerem Arbeitslosengeld abgespeist werden. Wurde im Zuge des Lohnverzichts mit dem Arbeitgeber vereinbart, dass bei einer späteren Betriebsstilllegung der Lohn nachgezahlt wird, muss diese Nachzahlung bei der Höhe des Arbeitslosengeldes I berücksichtigt werden, entschied am 24. August das Bundessozialgericht.

Dabei müssen sich laut Urteil auch am Ende der Beschäftigung ausgezahlte Arbeitszeitkontenguthaben erhöhend auf das Arbeitslosengeld auswirken. Im konkreten Fall bekam damit die Klägerin aus dem Raum Halle recht, die bis zum 30. Juni 2012 bei einem Unternehmen aus der Callcenter-Branche arbeitete.

Als das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten geriet und eine Betriebsstilllegung drohte, wurde mit dem Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung ein Lohnverzicht vereinbart. Die Klägerin erhielt mit neuem Arbeitsvertrag dann statt rund jährlich 39.000 Euro nur noch rund 25.000 Euro an Lohn ausgezahlt.

Die Vereinbarung galt ab 2010 bis 31. Dezember 2013. Sollte in dieser Zeit dennoch der Betrieb stillgelegt werden, sollte die Klägerin den verzichteten Lohn nachgezahlt bekommen. Ende Juni wurde der Betrieb dann tatsächlich geschlossen. Die Klägerin war für einen Monat arbeitslos und erhielt rund 12.000 Euro an Lohn nachgezahlt.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) berücksichtigte die Nachzahlung bei der Arbeitslosengeldhöhe nicht mit. Die Zahlung sei wegen des Endes der Beschäftigung erfolgt, so dass diese mit einer Abfindung vergleichbar sei. Dies wirke sich nicht erhöhend auf das Arbeitslosengeld aus.

Das Bundessozialgericht sprach der Klägerin mehr Arbeitslosengeld zu. Sie habe arbeitsrechtlich wirksam die Lohnnachzahlung vereinbart. Das Arbeitsentgelt sei nicht wegen der Beendigung der Beschäftigung, sondern wegen der Erfolglosigkeit des vereinbarten Lohnverzichts nachgezahlt worden.

Die Bundesagentur müsse zudem auch noch weitere 75 Euro mit in die Berechnung des Arbeitslosengeldes einfließen lassen, die die Klägerin für ihr Arbeitszeitguthaben erhalten hatte. Auch dieses wirke sich erhöhend auf das Arbeitslosengeld aus.

Az.: B 11 AL 16/16 R


« Zurück zur vorherigen Seite


Weitere Themen

Aufwandsentschädigung für Ehrenamt mindert Hartz IV

Hartz-IV-Bezieher müssen sich eine Aufwandsentschädigung für eine ehrenamtliche Tätigkeit als Einkommen auf ihr Arbeitslosengeld II anrechnen lassen. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) am 24. August in Kassel entschieden.

» Hier weiterlesen

Keine Pfändung von Zulagen für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit

Zulagen für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit dürfen nicht gepfändet werden. Die Zahlungen stellten sogenannte Erschwerniszulagen dar und seien nach der Zivilprozessordnung unpfändbar, urteilte am 23. August das Bundesarbeitsgericht (BAG). Sonn- und gesetzliche Feiertage stünden zudem laut Grundgesetz unter besonderem Schutz, so dass der Gesetzgeber allein deshalb bei Arbeitseinsätzen an diesen Tagen von einer Erschwernis ausgehe, erklärten die Erfurter Richter.

» Hier weiterlesen

Asklepios-Klinik an Tarifvertrag für öffentlichen Dienst gebunden

Nach der Privatisierung von öffentlichen Krankenhäusern gelten für die Beschäftigten häufig weiter die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst. Ein privater Klinikbetreiber könne sich von den Tarifverträgen nur lösen, wenn er mit Zustimmung des Arbeitnehmers einen neuen Arbeitsvertrag vereinbare oder eine Änderungskündigung ausspreche, urteilte am 30. August das Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt. Eine Änderungskündigung müsse aber "sozial gerechtfertigt" sein. Das ist der Fall, wenn etwa eine Schließung des Unternehmens droht.

» Hier weiterlesen