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Migrationsforscher kritisiert geplante Flüchtlingslager in Afrika



Der Migrationsforscher Jochen Oltmer hat die Pläne Deutschlands und Frankreichs kritisiert, Flüchtlinge in sogenannten "Hotspots" in Afrika festzuhalten und dort ihr Asylrecht zu prüfen. Die Pläne, die nach dem Gipfeltreffen europäischer und afrikanischer Staats- und Regierungschefs vom 28. August bekannt wurden, folgten aus Sicht Europas einem rein innenpolitischen Kalkül, sagte Oltmer im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Osnabrück.

Das gelte gerade auch für Deutschland mit Blick auf die Bundestagswahl: "Es geht darum, die Menschen jetzt von Europa fernzuhalten. Somit stehen erneut die europäischen Interessen im Vordergrund." Wenn Grenzkontrollen auf andere Kontinente verlegt würden, nehme die Aufmerksamkeit für die Not der Schutzsuchenden in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit ab.

Die weiteren Aspekte der Vereinbarung seien sehr unpräzise, bemängelte der Professor am Institut für Migrationsforschung der Universität Osnabrück. Wie die Registrierungszentren ausgestattet werden sollen, sei ebenso unklar wie die Ausgestaltung der versprochenen Entwicklungshilfe. Wie viele Flüchtlinge letztlich über Resettlement-Programme nach Europa kommen sollen, sei ebenfalls offengeblieben. Die Tatsache, dass es nach wie vor kein einheitliches europäisches Asylrecht gebe, erschwere solche Regelungen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte nach dem Treffen bekanntgegeben, dass die Asylchancen von Flüchtlingen künftig schon in den Transitstaaten Niger und Tschad geprüft werden sollen. Das solle in Lagern unter Aufsicht des UNHCR geschehen. Im Gegenzug würden die Staaten mehr Entwicklungshilfe erhalten. Libyen soll bei der Bekämpfung von Schlepperbanden unterstützt werden.

Die Entwicklung in der Türkei derzeit zeigt Oltmer zufolge, wie problematisch es sei, mit autoritären Regierungen zusammenzuarbeiten. Das EU-Türkei-Abkommen habe die Position von Präsident Recep Tayyip Erdogan deutlich gestärkt.


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