Ausgabe 29/2017 - 21.07.2017
Nürnberg (epd). Die häusliche Pflege ist nach Aussage von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) für Familien besser zu stemmen, wenn es genügend Kurzzeit- und teilstationäre Pflegeangebote gibt. Der Aufbau solcher Kurzzeit- und Tagespflege-Einrichtungen sei aber noch ein bevorstehender Kraftakt, sagte Gröhe am 13. Juli in Nürnberg beim Bayerischen Pflegegipfel. "Das Netz muss noch ausgebaut werden." Es müsse auch mehr Beratung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen geben. Denn Pflege gebe es nicht von der Stange, sondern sie sei "ein Maßanzug".
Gröhe sprach sich dafür aus, mehr für die Gesundheit der betroffenen Angehörigen zu tun und bei ihnen die Pflege für die Rente besser anzurechnen. Skeptisch äußerte er sich aber zu einem von der Solidargemeinschaft getragenen finanziellen Verdienstausgleich für pflegende Angehörige.
Auch die bayerische Pflegeministerin Melanie Huml (CSU) sieht noch Bedarf bei Kurzzeitpflegeplätzen. Um solche Angebote gerade im ländlichen Bereich in der Nähe zu schaffen, denke ihr Ministerium über Anreize nach. Auch das Thema Nachtpflege beschäftige sie, damit Angehörige von demenzerkrankten Menschen "auch mal wieder eine Nacht durchschlafen können", sagte Huml.
Kritik am Bayerischen Pflegegipfel kam unterdessen vom Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. In Nürnberg seien nur "weichgespülte Ergebnisse" präsentiert worden, sagte er laut einer Mitteilung. Huml fehle der Mut, große Schritte nach vorn zu gehen. Von einer Idee, Seniorenämter vor Ort einzurichten, sei sie wieder abgerückt.
Der krankenhauspolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Harald Weinberg, sprach von einer "Schaufensterveranstaltung zwei Monate vor der Wahl". Er beklagte, die Arbeitsbedingungen in der Pflege würden sich in der Bundesrepublik weiter verschlechtern. Während in Norwegen eine Pflegekraft vier Patienten betreue, betrage der Schlüssel in Deutschland eins zu zehn. Es sei höchste Zeit für eine gesetzliche Mindestpersonalbemessung.
Zum Pflegegipfel waren rund 300 Vertreter aus Politik, Medizin, Pflege sowie von Krankenkassen und Pflegebedürftigen gekommen. Neben der häuslichen Pflege diskutierten die Foren über die Pflegeversicherung und die Pflegeausbildung.