Ausgabe 25/2017 - 23.06.2017
Dortmund (epd). Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert staatsanwaltschaftliche Ermittlungen zu mutmaßlichen Regelverstößen bei der Vergabe von Spenderorganen an der Uniklinik Essen. Sowohl die Öffentlichkeit als auch die Schwerstkranken hätten ein Recht auf Aufklärung, erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch am 20. Juni in Dortmund. "Willkür darf nicht der Maßstab sein für Entscheidungen über Leben und Tod."
Alle 46 Transplantationszentren in Deutschland müssten sich an die bestehenden Richtlinien halten, betonte Brysch. Sonst werde "die Axt an das Transplantationssystem" in Deutschland gelegt. Eine Prüfkommission war zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Lebertransplantationsprogramm der Uniklinik Essen in den Jahren 2012 bis 2015 Rechtsverstöße begangen und Spenderlebern regelwidrig vergeben wurden.
Die Klinik wies die Vorwürfe zurück und kritisierte Mängel und Fehler in der Arbeit der Kommission und ihrer Prüfberechtigung. Die Kommission, die im Auftrag von Verbänden und Kammern an den deutschen Transplantationszentren die Einhaltung des Transplantationsgesetzes und die entsprechenden Richtlinien kontrolliert, habe in keinem Fall nachweisen können, dass ein Empfänger ein Organ zu Unrecht erhalten habe. Festgestellte Mängel bei der Dokumentation von Organvergaben seien inzwischen vollständig behoben.
Die Uniklinik verwies auf ein Rechtsgutachten des Kölner Professors Wolfram Höfling vom Februar. Danach kollidieren in Deutschland verschiedene Organvergabesysteme. Höfling spricht von "einer organisationsstrukturellen Überkomplexität, legitimatorischen Schwächen und einem rechtsstaatlich defizitären Allokationssystem". Die gesetzgeberische Steuerung der Organvermittlung sei "völlig unzureichend".