sozial-Politik

Arbeit

Nahles will gegen starkes Lohngefälle vorgehen




Andrea Nahles
epd-bild/BMAS/Werner Schüring
Die deutsche Wirtschaft läuft, doch nicht alle Menschen in Deutschland profitieren von der guten Lage. Arbeitsministerin Nahles setzt sich für anständige Löhne ein. Sozialverbände fordern mehr Einsatz der Politik.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will verstärkt gegen das starke Lohngefälle in Deutschland vorgehen. Es gebe eine Rekordbeschäftigung in Deutschland und die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten habe einen Höchststand erreicht, sagte Nahles am 19. Juni in Berlin. Gleichzeitig seien die Lohnunterschiede extrem und nicht gerecht.

Branchendialog über Pflegelöhne

Nahles äußerte sich nach einem Treffen mit den Sozialpartnern, mit Wohlfahrtsverbänden und Wissenschaftlern. Gerade Dienstleistungsberufe seien oft nicht in der Lage, entsprechende Lohnabschlüsse zu erzielen, sagte die Ministerin. Die Lohnspreizung sei ein gesamtgesellschaftliches Thema.

Nahles bezog sich dabei auch auf Ergebnisse des aktuellen Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung. Demnach kommt der wirtschaftliche Aufschwung nicht bei allen an. Laut Bericht haben die unteren 40 Prozent der Beschäftigten real weniger verdient als Mitte der 90er Jahre. Besonderes Augenmerk will Nahles auf den Pflegebereich legen. Sie wirbt für einen Branchendialog, um die Löhne in diesen Berufen zu verbessern.

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, begrüßte die Initiative der Ministerin und forderte höhere Löhne vor allem in der Pflege, für Gesundheitsberufe oder Erzieher und Sozialarbeiter. Wenn sich hier etwas ändern solle, müsse auch der Staat in die Pflicht genommen werden, sagte Schneider. Zum Beispiel müsse den Kommunen mehr Geld zur Verfügung gestellt werden, um etwa Erzieher zu bezahlen.

"Armut im Alter vermeiden"

Im Kampf gegen Altersarmut plädiert der Sozialverband VdK für eine neue Arbeitsmarktpolitik. "Einkommensarmut ist die wesentliche Ursache für Altersarmut", erklärte der Vizepräsident des Verbands, Roland Sing, anlässlich des Treffens mit der Bundesarbeitsministerin. "Gute Arbeit und faire Löhne sorgen dafür, Armut im Alter zu vermeiden."

Viele Arbeitnehmer profitierten nicht vom wirtschaftlichen Aufschwung, sagte Sing. Jeder fünfte Beschäftigte arbeite derzeit für einen Stundenlohn von unter zehn Euro. Es sei sozial ungerecht, wenn nur die oberen Einkommensgruppen Einkommenszuwächse verzeichnen könnten. Konkret fordert der Sozialverband VdK eine Erhöhung des Mindestlohns und eine Verringerung von Minijobs sowie von Zeit- und Leiharbeit.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach wies besonders auf prekäre Arbeitsverhältnisse hin. Mehr als fünf Prozent der regulär Beschäftigten sind arm oder armutsgefährdet, unter den prekär Beschäftigten sind es 19,2 Prozent. Leiharbeiter, geringfügig Beschäftigte und Teilzeitbeschäftigte hätten ein fast viermal so hohes Armutsrisiko wie regulär Beschäftigte, sagte Buntenbach. Sie forderte gesetzliche Vorgaben, um aus einem prekären Job in eine gut bezahlte und abgesicherte Arbeit wechseln zu können.

Tanja Tricarico

« Zurück zur vorherigen Seite


Weitere Themen

Experten fordern mehr Qualität bei Asylentscheidungen

Nicht ausreichend qualifiziertes Personal, überlastete Dolmetscher, lange Wartezeiten: Experten üben Kritik an der Arbeitsweise des Flüchtlingsamtes. Behördenchefin Cordt verteidigt ihre Mitarbeiter.

» Hier weiterlesen

Drei Millionen Kinder in Deutschland haben suchtkranke Eltern

Mehr als drei Millionen Kinder in Deutschland wachsen mit mindestens einem suchtkranken Elternteil auf. Somit sei jedes fünfte Kind direkt von einer Abhängigkeit der Eltern betroffen, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), am 19. Juni bei ihrer Jahrestagung in Berlin, die den Schwerpunkt "Kinder aus suchtbelasteten Familien" hatte. Um später selbst keine Abhängigkeiten und psychischen Störungen zu entwickeln, bräuchten Kinder verlässliche Bezugspersonen außerhalb des Elternhauses, hieß es.

» Hier weiterlesen

Mehr als 150.000 Familien in Bayern erhalten Betreuungsgeld

Mehr als 150.000 Anträge auf Bayerisches Betreuungsgeld hat das Familienministerium im vergangenen Jahr bewilligt. Damit wurden über 222 Millionen Euro an Eltern ausgezahlt, wie das Ministerium am 19. Juni in München mitteilte. Das Betreuungsgeld wurde vor einem Jahr am 22. Juni eingeführt und ermöglicht es Eltern, ihre ein- und zweijährigen Kinder privat zu betreuen. Durch die hohe Zahl der Anträge fühle sich Familienministerin Emilia Müller (CSU) bestätigt, die Wünsche und Vorstellungen der Eltern genau getroffen zu haben, heißt es weiter.

» Hier weiterlesen