sozial-Politik

Flüchtlinge

Experten fordern mehr Qualität bei Asylentscheidungen




Das BAMF - immer wieder in der Kritik
epd-bild/Christian Ditsch
Nicht ausreichend qualifiziertes Personal, überlastete Dolmetscher, lange Wartezeiten: Experten üben Kritik an der Arbeitsweise des Flüchtlingsamtes. Behördenchefin Cordt verteidigt ihre Mitarbeiter.

Nach Ansicht von Experten muss sich die Arbeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge verbessern. Er habe hohen Respekt vor den Aufgaben der Behörden-Mitarbeiter, sagte der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, am 20. Juni beim 17. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz. Doch zum Recht auf Schutz gehöre auch Qualität. Die Verfahren sollten nicht schneller werden, sondern sorgfältiger. Die Präsidentin des Bundesamtes, Jutta Cordt, stimmte zu, dass Qualitätsmaßnahmen notwendig seien. Zugleich verteidigte sie ihre Mitarbeiter.

"Entscheidungen oft nicht nachvollziehbar"

Scharfe Kritik an den Asylverfahren kam vom Frankfurter Rechtsanwalt Tim Kliebe. Es sei oft nicht nachvollziehbar wie Entscheidungen zustande kämen. Mit Blick auf die hitzige politische Debatte um das Asylrecht plädierte der Anwalt für mehr Zurückhaltung. "Flüchtlingsrecht ist Menschenrecht", sagte Kliebe. Dieses Recht dürfe nicht auf dem Altar des Wahlkampfes geopfert werden.

Bei dem zweitägigen Symposium diskutierten Experten über die Herausforderungen in der Asylpolitik. Veranstaltet wurde die Konferenz von Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Nichtregierungsorganisationen.

"Kein Mitarbeiter trifft eine Entscheidung leichtfertig", sagte Cordt. Sie kündigte an, dass in den kommenden Monaten die 116.000 noch offenen Altverfahren abgeschlossen werden sollen. Man wolle hier zügig und zeitnah vorankommen, sagte Cordt. Zu Beginn dieses Jahres habe es noch rund 435.000 Verfahren aus den Jahren 2016 und davor gegeben.

Antragsbearbeitung mit Mängeln

Mit Blick auf den Fall des wegen Terrorverdachts festgenommenen Bundeswehrsoldaten Franco A. räumte die Behördenchefin Fehler in ihrer Behörde ein. Das Verfahren sei in allen Bereichen nicht richtig gelaufen. Franco A. hatte sich beim Bundesamt als syrischer Asylbewerber ausgegeben und einen Flüchtlingsstatus zugesprochen bekommen. Der Fall legte Mängel in der Bearbeitung der Anträge offen. Unter anderem fiel auf, dass Franco A. bei der Befragung kein Arabisch sprach.

Zwischenzeitlich hat das Flüchtlingsamt 2.000 abgeschlossene Verfahren erneut überprüft. Man habe dabei keine Fälle entdeckt, die ein Sicherheitsrisiko ausmachten, sagte Cordt.

Die Präsidentin des Bundesamtes wies auf die besonderen Herausforderungen für ihre Behörde hin. Aufgrund der hohen Flüchtlingszahl im Jahr 2015 sei das Amt innerhalb kürzester Zeit von etwa 2.000 Mitarbeitern auf rund 10.000 Beschäftigte aufgestockt worden. Zudem seien die neuen Mitarbeiter verkürzt qualifiziert worden. In den vergangenen Montaten seien aber Maßnahmen auf den Weg gebracht worden, um die Qualität der Arbeit zu verbessern.

Thema der Debatte waren zudem Abschiebungen nach Afghanistan. Die Situation vor Ort habe sich offenbar drastisch verschlechtert, sagte Anwalt Kliebe. Auch Lilie zeigte sich besorgt. "Afghanistan ist kein sicheres Land", sagte der Diakonie-Präsident. Man brauche eine Neubewertung der Lage vor Ort.

Tanja Tricarico

« Zurück zur vorherigen Seite

Weitere Themen

Ausbildung in der Pflege wird stärker vereinheitlicht

Zunächst hat die Koalition die Leistungen für Pflegebedürftige erhöht. Nun setzt sie mit der Reform der Pflegeausbildung auf eine Aufwertung des Berufs. Ziel ist es, dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen.

» Hier weiterlesen

Klage gegen Prostitutionsschutzgesetz eingereicht

Das Bundesverfassungsgericht soll das Prostitutionsschutzgesetz prüfen. Am 21. Juni haben in Karlsruhe 25 Beschwerdeführer, darunter Prostituierte, Sexbetriebe und Freier, eine Klage gegen das zum 1. Juli in Kraft tretende Gesetz eingereicht. Sie sehen in den Regelungen "einen massiven Eingriff in die Grundrechte von Sexarbeiterinnen". Die Freiheit der Berufswahl sei gefährdet, die informationelle und sexuelle Selbstbestimmung sowie die Unverletzlichkeit der Wohnung, sagte der Verfasser der Klageschrift, Rechtsanwalt Meinhard Starostik.

» Hier weiterlesen

Gesundheitsexperte warnt vor Gefahren durch Mehrfachmedikation

Der Gesundheitsexperte Gerd Glaeske hat auf die Gefahren der Mehrfachmedikation bei älteren Menschen hingewiesen. Etwa zehn Prozent der Senioren, die in Krankenhäuser eingeliefert würden, seien behandlungsbedürftig nicht aufgrund ihrer Krankheiten, sondern weil sie eine Vielzahl nicht aufeinander abgestimmter Medikamente nähmen, sagte Glaeske dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Da kommen bei chronisch Kranken leicht bis zu acht Arzneimittel zusammen, die sie von unterschiedlichen Ärzten verschrieben bekommen haben und deren Verträglichkeit untereinander nicht geklärt ist."

» Hier weiterlesen