sozial-Politik

Abgabenbelastung

Sozialabgaben in Deutschland weiter über OECD-Durchschnitt



Nur in wenigen Industriestaaten werden die Arbeitseinkommen durch Steuern und Sozialabgaben so stark belastet wie in Deutschland. Wie aus einer Studie der OECD hervorgeht, ist die Steuer- und Abgabenlast insbesondere für alleinstehende Durchschnittsverdiener in Deutschland mit 49,4 Prozent vergleichsweise hoch. Lediglich in Belgien liegt sie rund vier Prozentpunkte darüber, heißt es in einer Mitteilung vom 11. April.

Auch bei allen anderen untersuchten Haushaltstypen liegt die Belastung in Deutschland laut Studie über dem OECD-Durchschnitt. Das liege vor allem an den vergleichsweise hohen Sozialabgaben, die von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen werden, hieß es.

Im OECD-Durchschnitt lag die Steuer und Abgabenlast (Anteil von Steuern sowie Sozialabgaben der Arbeitgeber und Arbeitnehmer an den gesamten Arbeitskosten) für alleinstehende Durchschnittsverdiener 2016 bei 36 Prozent. Im oberen Mittelfeld liegt Deutschland bei der Belastung von Ehepaaren mit Kindern (34 Prozent).

Wie die Verantwortlichten der Studie anmerken, werden in fast allen OECD-Ländern Familien mit Kindern steuerlich gefördert. In Deutschland sei diese Förderung durch das Ehegattensplitting und beitragsfreie Mitversicherung von nicht-erwerbstätigen Ehepartnern gerade bei Familien mit nur einem Erwerbstätigen ausgeprägt.

Franziska Brantner, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik der Grünenfraktion im Bundestag, kritisierte: "Die Studie zeigt, fass die Steuerregeln in Deutschland endlich familienfreundlicher gestaltet werden müssen. Gerade Alleinerziehende werden benachteiligt. Eine wichtige Verbesserung wäre die Abschaffung des Ehegattensplittings für Neuehen."

Das Ehegattensplitting vergrößere die Schere zwischen armen und reichen Familien und werde der heutigen Vielfalt von Familie nicht gerecht, erklärte Brantner. "Es subventioniert pauschal die Ehe, statt diejenigen zu unterstützen, die Verantwortung für Kinder übernehmen."

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte, die Sozialbeiträge müssten weiter unter 40 Prozent gehalten werden. Ein weiterer Anstieg würde Beschäftigung und Wachstum stark gefährden. "Sozialabgaben und Steuern in Deutschland gehören ohnehin schon zu den höchsten in der Welt", sagte Kramer. Nur die Hälfte der Zahlungen eines Arbeitgebers komme bei einem alleinstehenden Durchschnittsverdiener tatsächlich als Nettolohn an. Neben Steuern gingen zwei Drittel der Belastung auf das Konto der Sozialversicherungsbeiträge.

Auch bei der Steuer gibt es laut Kramer Handlungsbedarf: Der Mittelstandsbauch in der Einkommensteuer belaste die Beschäftigten stark: "Er sollte schrittweise abgebaut werden." Auch die Einkommensgrenze, ab der der Spitzensteuersatz gilt, sei zu niedrig: Zu viele Beschäftigte, die nur leicht oberhalb des Durchschnitts verdienen, seien vom Spitzensteuersatz betroffen.


« Zurück zur vorherigen Seite


Weitere Themen

Pro Asyl sieht großes Engagement für Flüchtlinge vor Ort

Das Engagement für Flüchtlinge vor Ort ist nach Einschätzung von Pro Asyl nach wie vor groß. "Ich bin positiv überrascht, dass viele Menschen, die bis 2015 nichts mit Flüchtlingen zu tun hatten, jetzt immer noch aktiv dabei sind", sagte Pro Asyl-Sprecher Bernd Mesovic am 7. April in Frankfurt am Main dem Evangelischen Pressedienst (epd). Allerdings wachse auch bei ihnen die Enttäuschung. Das liege überwiegend an dem härteren Kurs der Bundesregierung gegenüber Asylsuchenden, sagte der Experte. Die Fragen stellte Holger Spierig.

» Hier weiterlesen

Kinder unter Migranten sollen besser geschützt werden

Angesichts der großen Zahl von Kindern unter den Flüchtlingen und Migranten hat die EU-Kommission besondere Schutzmaßnahmen vorgeschlagen. Jeder dritte Asylbewerber in Europa sei minderjährig, erklärte Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am 12. April in Brüssel. Zugleich seien Kinder "die am stärksten gefährdeten Migranten".

» Hier weiterlesen

Linke fordert Kommission für Armutsberichterstattung

Ein Programm für soziale Gerechtigkeit fordert die Links-Fraktion im Bundestag. Dazu hat sie einen Antrag gestellt, berichtete der Bundestag am 11. April in Berlin. Die Linke kritisiert darin die Zuständigkeit der Bundesregierung für die Armuts- und Reichtumsberichterstattung.

» Hier weiterlesen