Ausgabe 14/2017 - 07.04.2017
Fürth/Aalen (epd). Felix Schneider hantiert an der großen italienischen Kaffeemaschine routiniert und konzentriert. Die Kaffeemühle portioniert digital, und während der Kaffee in die Tasse läuft, schäumt der 22-Jährige an der zischenden Druckdüse akkurat die Milch für den Cappuccino auf. Das Besondere daran: Schneider arbeitet in einem Samocca-Café, das Menschen mit Behinderung einen attraktiven Arbeitsplatz bietet.
Zu den bundesweit 17 Samocca-Cafés gehört auch der Standort im mittelfränkischen Fürth. Die Dambacher Werkstätten, ein Betrieb der Lebenshilfe Fürth, haben vor zwei Jahren mitten in der Fußgängerzone ihr Samocca eröffnet. Den Beschäftigten in den eigenen Werkstätten wollte man eine weitere Alternative bieten.
Und die Dambacher Werkstätten wollten "bewusst die Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung in der Öffentlichkeit zeigen", sagt Geschäftsführer Rolf Bidner. Er sieht darin ein gelungenes Beispiel für gesellschaftliche Inklusion.
Der Vorteil des Samocca-Franchisekonzepts: Der 2003 in Aalen entwickelte Cafébetrieb mit eigener Rösterei und Chocolaterie hat Einrichtung und Abläufe so konzipiert, dass 16 Menschen mit Behinderung gut arbeiten können. 2006 gingen die ersten beiden Franchisebetriebe an den Start. Werkstätten zahlen für Konzept, Marke und Produkte, um dann im eigenen Betrieb das Café zu führen. Zusätzlich erhalten Franchisenehmer pädagogisch-inhaltliche Hilfen.
Ein einfaches aber hilfreiches Assistenzsystems ist das rot-grüne dreieckige Display aus Karton auf den Tischen. Mit "rot" fordern Gäste Service an, etwa um zu bestellen oder zu bezahlen. Bestellt wird schriftlich auf einem kleinen Zettel, auf dem die Gäste ihre Wünsche ankreuzen, damit es keine Missverständnisse gibt. Zudem sind mit Hilfe der Aufsteller die Tische durchnummeriert. Ist alles serviert, wird der ihre grüne Seite nach oben gedreht. Das signalisiert: Alles in Ordnung.
Das Fürther Café im ersten Stock bietet 15 Arbeitsplätze für Menschen mit geistiger Behinderung in Service und Küche, an der Bar und dem Verkaufstresen. Damit auch ein Mitarbeiter mit Rollstuhl arbeiten kann, wurde die Bestuhlung im Tagescafé geräumiger aufgestellt. "Es war ein Lernfeld", resümiert Bidner.
Auch das Arbeiten im Schichtbetrieb habe von allen Beteiligten viel Flexibilität gefordert. Denn auf einmal mussten die Mitarbeiter etwa ihr vertrautes Freizeitverhalten verändern. Auch in den Wohnheimen waren manche anderen zeitlichen Abläufe gefragt. Die Einrichtung musste sich an vielen Schnittstellen anpassen, "bis hin zum Fahrdienst".
Nicht allen Behinderten hat der Dienst im Fürther Samocca zugesagt, aktuell sind zwölf Menschen mit Behinderung beschäftigt. Für die Dambacher Werkstätten ein normales Phänomen, man müsse wie überall schauen, ob Arbeitsplatz und Mitarbeiter zusammenpassten. Das Konzept ist aufgegangen, die "Resonanz ist gut", freut sich Bidner auch mit Blick auf die Besucher.
Man sei zwar ein "besonderes Café", Gäste zeigten aber viel "Zuspruch und Wohlwollen". Das gilt auch für die Kaffee-Trinker, die per Zufall ins Samocca kämen. "99 Prozent reagieren positiv", sagt Bidner. Andere kämen ganz gezielt wegen der Kaffeespezialitäten, Bio-Tees, Trinkschokoladen oder wegen des Inklusions-Ansatzes. Zu den häufigen Besuchern zählten viele junge Mütter mit ihren kleinen Kindern.
Schon ist regional von einem Paradebeispiel für eine gelungene Beschäftigung behinderter Menschen im öffentlichen Raum die Rede. "Die Entscheidung für das Café war eine gute Entscheidung", lautet das Fazit von Bidner. Alle beteiligten Menschen auf jeder Seite profitierten. Hilfreicher Nebeneffekt: Der Betrieb könnte einmal kostendeckend laufen.