sozial-Branche

Prävention

Charité: Jugendtherapie verhindert Kindesmissbrauch



Eine frühe Therapie bei 12- bis 18-jährigen Jugendlichen kann nach ersten Ergebnissen eines Charité-Projekts sexuelle Übergriffe auf Kinder verhindern. Von insgesamt 41 männlichen Jugendlichen, die im Rahmen des Modellprojekts "Primäre Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch durch Jugendliche" (PPJ) eine Therapie erhielten, habe niemand sexuellen Kindesmissbrauch begangen oder Missbrauchsdarstellungen wie Kinderpornografie genutzt, teilte der Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin an der Charité, Klaus M. Beier, am 21. Februar in Berlin mit.

Seit dem Start des PPJ-Präventivangebots für Jugendliche 2014 suchten laut Beier 134 Jungen aus dem ganzen Bundesgebiet und teils aus dem Ausland Hilfe im Projekt. 65 Jugendliche schlossen eine Diagnostik ab, 41 erhielten ein Therapieangebot. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer liegt laut Beier bei 15 Jahren. Überwiegend nehmen die Jugendlichen selbst aus einem starken Leidensdruck heraus Kontakt zu dem Projekt auf.

Ausdrücklich werde bei der Diagnose nicht von "Pädophilie" gesprochen, betonte Tobias Hellenschmidt, leitender Oberarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Vivantes Klinikum in Berlin-Friedrichshain. Häufig gingen die auf Kinder zielenden sexuellen Präferenzen bei den Teilnehmern mit Persönlichkeitsstörungen oder psychischer Erkrankungen infolge der Unterdrückung ihrer jungen Sexualität einher. Auch Jugendliche mit Autismus seien bei den Therapieangeboten dabei.

Die Behandlung erfolgt laut Hellenschmidt in einer Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten wie Psychopharmaka. Sie unterdrückten eine starke sexuelle Impulsivität, die als Mitauslöser für Kindesmissbrauch gilt. Selbst erlebter Missbrauch im Kindesalter ist laut Beier dagegen nicht zwangsläufig ein Grund für eigene sexuelle Fantasien oder Handlungen mit Kindern.

Mit dem Präventionsprojekt für Jugendliche knüpft die Charité an das Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden" für erwachsene Pädophile an, das seit 2005 versucht, mit Therapien pädophiles Verhalten zu behandeln.

Das Jugend-Projekt wird vom Bundesfamilienministerium gefördert. Ziel sei es, dass es erst gar nicht zu sexuellem Missbrauch von Kindern kommt, sagte Staatssekretär Ralf Kleindiek. Laut Beier gibt es seit Anfang des Jahres die Möglichkeit, Pädophilie-Therapien anonym als Kassenleistung zu beantragen. Dies eröffne die Chance, auch außerhalb des Projekts präventive Behandlungen zu beginnen.


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