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Soziologe

"Gewerkschaften sind zurück aus der Bedeutungskrise"



Die jüngere Generation unter den Arbeitnehmern hat nach Expertenangaben wieder mehr Interesse an Gewerkschaften. Das zeigten Umfragen in Betrieben, aber auch die stabilen oder leicht steigenden Mitgliederzahlen der Gewerkschaften, sagte Stefan Schmalz, Arbeitssoziologe an der Universität Jena, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Gewerkschaften haben sich seit der Finanzkrise 2008 aus einer Bedeutungskrise zurückgearbeitet." Die Fragen stellte Miriam Bunjes.

Viele Gewerkschaften hätten den Mitgliederschwund gestoppt. Das sei ihnen vor allem durch ihre Arbeit an Rettungspaketen für bedrohte Belegschaften gelungen, erläuterte Schmalz. Wichtig für ihre positive Wahrnehmung sei aber auch, dass sie "verstärkt an den Rechten prekär Beschäftigter ansetzen und mit Kampagnen auch in Betriebe und Branchen gehen, die lange Zeit nicht gewerkschaftlich organisiert waren".

Auch der Mindestlohn sei mit dem Einfluss der Gewerkschaften zustande gekommen. Ein Erfolg, der aber auch deutlich mache, dass sich die Bedingungen von Arbeit verschärft haben. "Dass es überhaupt einen Mindestlohn braucht, liegt ja daran, dass sich immer mehr Unternehmen aus der Tarifbindung zurückziehen oder sie mit Ausgründungen umgehen", sagte Schmalz.

"Arbeitskämpfe sind auf beiden Seiten härter geworden." Das Gründen sogenannter gelber Betriebsräte oder Gewerkschaften, die während Tarifstreits die Unternehmens-Positionen vertreten, käme immer wieder vor. Das Gesetz zur Tarifeinheit, gegen das einige Gewerkschaften gerade vor dem Bundesverfassungsgericht klagen, könnte das befeuern, sagte der Experte. Da mit dem Gesetz nur die mehrheitlich vertretene Gewerkschaft Tarife verhandeln kann, "besteht das Risiko in schwach organisierten Branchen, dass die Arbeitgeber eine ihnen passende Mehrheit im Betrieb schaffen". Die Macht der Gewerkschaften würde das natürlich beschneiden, erläuterte Schmalz.


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