Ausgabe 48/2017 - 02.12.2016
Berlin (epd). Die spezifischen Hilfen für Conterganopfer sollen künftig durch pauschale Leistungen und ohne spezielle Anträge möglich werden. Das sieht ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Änderung des Contergan-Stiftungsgesetzes vor, teilte der Bundestag am 29. November in Berlin mit. Doch das Vorhaben ist keineswegs unumstritten, wie eine Anhörung von Betroffenen und Sachverständigen in Berlin zeigte.
Während die geplante Pauschalierung von spezifischen Leistungen für Contergangeschädigte auf weitreichende Zustimmung stoße, werde die geplante Neuregelung von Kompetenzen zwischen Stiftungsvorstand und Stiftungsrat skeptisch bis ablehnend bewertet, hieß es.
Die Gerontologin Christina Ding-Greiner von der Universität Heidelberg sagte, durch die geplante Pauschalierung würden auch geschädigte Menschen berücksichtigt, die aufgrund einer geringen vorgeburtlichen Schädigung eine niedrigere Schadenspunktezahl aufweisen, aber durch schwere Folgeschäden heute in hohem Maß an Einschränkungen leiden.
Margit Hudelmaier, Mitglied des Stiftungsvorstands, bezeichnete die Pauschalierung als den "einzig richtigen Weg". Allerdings sprach sie sich für einen möglichst niedrigen Sockelbetrag aus. Ein hoher Sockelbetrag führe zu einer Schlechterstellung der Hochgeschädigten, weil es für sie dann weniger zu verteilen gebe aus dem jährlichen Topf von 30 Millionen Euro für spezielle Bedarfe.
Andreas Meyer, Mitglied des Stiftungsrates und Vorsitzender des Bundes Contergangeschädigter und Grünenthalopfer, hingegen sprach sich gegen die geplante Pauschalierung aus. Sie stelle eine Kürzung des Leistungssystems zur Deckung spezifischer Bedarfe dar. Eine angemessene Pauschalierung wäre nur bei einem Sockelbetrag von 20.000 Euro für jeden der 2.700 leistungsberechtigten und einer damit verbundenen Erhöhung der jährlichen Mittel für spezielle Bedarfe von 30 Millionen auf 54 Millionen Euro möglich, sagte er.
Höchst strittig war zwischen allen Sachverständigen die geplante Neuregelung von Kompetenzen zwischen Stiftungsrat und Stiftungsvorstand. Mehrheitlich sprachen sie sich dafür aus, die Reform der Stiftungsorganisation aus der Novellierung herauszunehmen und nach einer eingehenden gründlichen Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt gesetzlich zu regeln.
Mit der Gesetzesänderung soll die Evaluation des Dritten Änderungsgesetzes zum Contergan-Stiftungsgesetz aus dem Jahr 2013 umgesetzt werden. Seinerzeit hatte sich gezeigt, dass ein erhebliches Verbesserungspotenzial in den Verfahren zur Gewährung von Leistungen besteht.