Ausgabe 40/2017 - 07.10.2016
Berlin (epd). Die Partei- und Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD haben sich am 6. Oktober in Berlin über gesetzliche Schritte zur gleichen Bezahlung von Frauen und Männern verständigt. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte im Anschluss an das Treffen, Frauen und Männer könnten sich künftig Auskunft darüber geben lassen, ob sie fair bezahlt würden. Widerstand kam aus dem Wirtschaftsflügel der Union.
"Wir haben einen Durchbruch erzielt", sagte die SPD-Politikerin. Gegen das Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit habe es mehr Widerstand gegeben als gegen die Einführung der Frauenquote. Die Verhandlungen seien schwierig gewesen.
Schwesig zufolge erhalten rund 14 Millionen Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten künftig einen Rechtsanspruch auf Auskunft darüber, was Kollegen in vergleichbarer Position verdienen. In tarifgebundenen Unternehmen können die Arbeitnehmer ihren Anspruch über den Betriebsrat geltend machen. Der Auskunftsanspruch soll auch für Beschäftigte im öffentlichen Dienst gelten.
Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten sollen künftig regelmäßig Berichte über die Lohnstruktur vorlegen. Darüber hinaus werden sie aufgefordert, aber nicht wie zunächst vorgesehen verpflichtet, mindestens alle fünf Jahre ein Prüfverfahren zur Lohnstruktur durchzuführen.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann sprach von einem "guten Kompromiss". Die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Gerda Hasselfeldt (CSU) erklärte, es sei eine Einigung gelungen, die die Bürokratie für Arbeitgeber gegenüber dem ersten Vorschlag in Grenzen halte und die Tarifpartner und Betriebsräte stärke.
Der Wirtschaftsflügel der Unions-Bundestagsfraktion kündigt Widerstand gegen das Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern an. Der Beschluss der Koalitionsspitzen verstoße gegen den Koalitionsvertrag, sagte der Chef des Parlamentskreises Mittelstand in der Unionsfraktion, Christian von Stetten (CDU), der "Bild"-Zeitung.
Der Einigung waren monatelange Verhandlungen zwischen Schwesig und dem Kanzleramt sowie mit Gewerkschaften und Arbeitgebern vorausgegangen. Die Arbeitgeber und der Wirtschaftsflügel der Union hatten den ursprünglichen Gesetzentwurf von Schwesig abgelehnt. Er sah einen Auskunftsanspruch für alle Beschäftigten unabhängig von der Betriebsgröße vor. Sie wollten den Auskunftsanspruch auf Betriebe mit mehr als 500 Arbeitnehmern beschränken.
Frauen verdienen in Deutschland über alle Branchen hinweg 21 Prozent weniger als Männer. Rechnet man hinaus, dass sie seltener in Führungspositionen, aber häufiger in Teilzeit und in schlecht bezahlten Berufen tätig sind, sind es immer noch sieben Prozent weniger.
Die Leiterin der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, begrüßte die Einigung. Die neue Transparenz werde beim Abbau der Lohnlücke helfen, sagte sie. Doch wäre ein Auskunftsanspruch in Unternehmen jeder Größe wünschenswert gewesen. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz können Frauen gegen ungleiche Bezahlung klagen. Ohne ein Auskunftsrecht läuft dieser Anspruch aber ins Leere.
Die Opposition zeigte sich enttäuscht. Das Gesetzesvorhaben sei verwässert worden, kritisierte die Linksfraktion und erklärte, der Auskunftsanspruch müsse für alle Beschäftigten gelten. Insbesondere in kleinen Betrieben würden Frauen schlechter bezahlt. Ähnlich äußerten sich die Grünen.