sozial-Recht

Bundesgerichtshof

Kommunen dürfen defizitärer Klinik helfen




Kommunen dürfen verschuldete Kliniken finanziell unterstützen.
epd-bild / Werner Krüper
Kommunen dürfen nach einem Gerichtsurteil ihren verschuldeten Krankenhäusern finanziell unter die Arme greifen. Voraussetzung sei jedoch, dass ein Kreis oder eine Stadt von vornherein klar die Maßstäbe festlege, nach denen der finanzielle Ausgleich stattfinden und berechnet werden soll. Der evangelische Krankenhausverband kritisierte die Entscheidung.

In seiner Entscheidung vom 24. März fügte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hinzu: Wenn diese Transparenzanforderungen nicht erfüllt würden, könne es sich bei den finanziellen Hilfen um staatliche Beihilfen handeln, die bei der EU-Kommission angemeldet werden müssten.

Konkret ging es um die defizitären Kreiskliniken Calw. Der Landkreis hatte die Kliniken im April 2008 und erneut im Dezember 2013 mit der medizinischen Versorgung der Bevölkerung betraut. Die öffentlichen Kreiskrankenhäuser wurden in den Krankenhausplan von Baden-Württemberg aufgenommen. Doch die Geschäfte liefen nicht gut. Für das Jahr 2011 wurde ein Fehlbetrag von mehr als drei Millionen Euro und 2012 von 6,2 Millionen Euro erwirtschaftet.

Verluste wurden ausgeglichen

Der Kreistag entschied daraufhin, seinen defizitären Kliniken in Calw und Nagold zu helfen. Er erklärte sich bereit, die Verluste der Kreiskliniken für die Jahre 2012 bis 2016 auszugleichen. Außerdem gewährte er in den Jahren 2010 bis 2012 Ausfallbürgschaften zur Absicherung von Investitionsdarlehen über knapp 15 Millionen Euro sowie Investitionszuschüsse.

Der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDVK) sah darin eine unzulässige staatliche Beihilfe. Diese müssten bei der EU-Kommission angemeldet werden. Da dies nicht geschehen war, seien die Hilfen rechtswidrig. Die Kreiskliniken verwiesen darauf, dass sie im Interesse der Allgemeinheit handelten.

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart ließ offen, ob es sich hier um staatliche Beihilfen handelte. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, handele es sich um Zuwendungen im allgemeinen Interesse. Dann müssten diese bei der EU-Kommission nicht angemeldet werden.

Transparenz gefordert

Der BGH urteilte, dass Kommunen zwar ihre verschuldeten Kliniken nicht im Regen stehen lassen müssen. Doch einfach so Gelder in die Kliniken stecken, gehe auch nicht. Um von der Meldepflicht bei der EU-Kommission freigestellt werden zu können, müssten die Kliniken mit der allgemeinen medizinischen Versorgung beauftragt worden sein. Dabei müsse auch die Berechnung von Ausgleichszahlungen transparent geregelt werden.

Dies sei bei der 2008 erteilten Beauftragung der Kliniken nicht geschehen. Daher soll nun das OLG Stuttgart prüfen, ob der Defizitausgleich für die Jahre 2012 und 2013 aus anderen Gründen rechtmäßig war oder ob es sich um unzulässige Beihilfen handelt. In der aktuellen Beauftragung von Dezember 2013 sei die Berechnung von Ausgleichszahlungen dagegen transparent geregelt worden, so hieß es.

Der Vorsitzende des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV), Christoph Radbruch, kommentierte die BGH-Entscheidung mit den Worten: "Der eigentliche Skandal liegt darin, dass Kliniken in nicht-öffentlicher Trägerschaft im Falle von Betriebskostendefiziten nicht mit einem Ausgleich aus öffentlichen Haushaltsmitteln ihrer Kommunen und Kreise rechnen können.“ Dies stelle für Kliniken in nicht-öffentlicher Trägerschaft "einen erheblichen Wettbewerbsnachteil" dar.

Az.: I ZR 263/14

Frank Leth

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