Kirchen haben laut dem Kölner Stadtsuperintendenten Bernhard Seiger eine "Wächteraufgabe". "Christen tragen auch politische Verantwortung", sagte der Theologe am 23. Juni beim Frühlingsgespräch des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region. Wenn politische Repräsentanten zur Zielscheibe von Gewalt würden, sei es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sie Hass und Angriffen nicht ungeschützt auszuliefern. Auch Kirchen seien hier mitverantwortlich.

Die Hemmschwelle für Hass und Hetze sei in den vergangenen Jahren gesunken. "Auf Aggressivität im Netz folgen früher oder später Taten", sagte Seiger. Als Beispiele nannte er den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke 2019 sowie die Angriffe auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Jahr 2015 und den Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein, im Jahr 2017.

Die Rolle der Kirchen sei es, mitzudenken, die Bedürfnisse der Menschen im Blick zu behalten und einem Abgleiten in extremistische Richtungen entgegenzutreten, erklärte Seiger. Nährboden für extremistisches Gedankengut gebe es auch in Milieus mit kirchlichem Hintergrund. Kirchenvertreter müssten genau hinhören, was Menschen für ein gutes Leben brauchten. Auch die Gemeindestrukturen seien wichtig, um die Mechanismen von Demokratie zu lehren und im Alltag erlebbar zu machen.