Luiza Kangeru steht auf einem Maniokfeld und pflückt Blätter für Gemüse. Die 42-Jährige hat sechs Kinder zu versorgen - und leidet noch immer unter den Folgen von "Idai". Der Zyklon zog in der Nacht vom 14. auf den 15. März vergangenen Jahres mit bis zu 195 Stundenkilometern über Zentralmosambik. Auch in Madagaskar, Malawi und Simbabwe richtete "Idai" schwere Schäden an. Mehr als 1.000 Menschen kamen ums Leben, die meisten in der Provinz Sofala in Mosambik, dort, wo Luiza Kangeru versucht, wieder auf die Beine zu kommen.

Den Maniok, den sie in der Hand hält, hat die Dorfkooperative angebaut. Den Reis zum Gemüse erhält die hagere Frau vom Welternährungsprogramm (WFP). Jeden Monat bekommt sie einen Gutschein über 2.500 Meticais, umgerechnet 33 Euro. Davon kann sie wie Hunderte weitere Familien das kaufen, was sie nicht oder nicht ausreichend selbst anbauen kann. Bedingung für die Unterstützung: Die Familien mussten ihre Anbauflächen gegen "Schocks" wie Dürren, Stürme oder Überflutungen rüsten, wie WFP-Regionalchef Espinola Caribe bei der Vorstellung des Projektes in Mafambize bei Beira erklärte.

Hilfe muss eingestellt werden

Mitte März droht die Hilfe aber zu versiegen, denn dann gehen Caribe die Mittel aus. Wie andere UN-Programme in Mosambik hat das WFP laut Caribe nur einen Bruchteil der nötigen Finanzmittel erhalten. "Wir müssen die Hilfe für 525.000 Menschen einstellen." Nach Angaben des UN-Büros zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) sind derzeit 1,3 Millionen Menschen in Mosambik auf Hilfe angewiesen, davon mehr als 65.000 in der Nordprovinz Cabo Delgado, wo im April 2019 Zyklon "Kenneth" auf Land traf. Zudem sind dort Zehntausende aus Angst vor Angriffen islamistischer Kämpfer aus ihren Dörfern geflüchtet.

Ein Jahr nach "Idai" ist auch das Wohnproblem für viele weiter nicht geklärt: Fast zwei Millionen Menschen waren es vor einem Jahr, die ohne Obdach dastanden. Die 600.000-Einwohner-Stadt Beira war ein Trümmerhaufen, ein Ort ohne Dächer. Das ist sie auch heute noch an vielen Stellen - und wieder vom Regen überflutet. Es stinkt nach Müll und Exkrementen. Für Bürgermeister Daviz Simango steht derzeit aber der Küstenschutz an erster Stelle. "Als Kommune müssen wir die Interessen aller berücksichtigen", erklärt er, warum die Stadt nicht beim Dachdecken mehr unter die Arme greift.

Stadtviertel müssen weichen

Mit Hilfe der Weltbank, der Niederlande, aber auch Deutschlands will Simango Beira sturmfest machen. Buhnen sollen helfen, Sand festzuhalten und ein Abreißen der Küste verhindern. Ganze Viertel müssten umziehen, sagt Simango und deutet vom Dach seines Rathauses auf die Hütten von Praia Nova, das den letzten Wall darstellt zwischen dem Meer und dem Rathaus. Hier wohnen Beiras Fischer - die wiederum nicht weichen wollen. Sie bräuchten das Meer, sagt Sprecher Alberto Machave.

Der Wiederaufbau, für den die Weltgemeinschaft vergangenes Jahr 1,3 Milliarden Euro zusagte, ist für 2020 als Wachstumsmotor in die Wirtschaftsprognosen Mosambiks eingepreist. In diesem Jahr können Ausschreibungen, Investitionen und Bauarbeiten losgehen, hoffen Entwicklungshelfer in der Hauptstadt.

Ausharren in Ruinen

Auf die Sorgen zumindest mancher Haus- und Hüttenbesitzer geben die Vereinten Nationen derweil eine Antwort: Sie leisten besonders Armen Materialhilfe und zeigen, wie gebaut werden muss, damit das Blechdach nicht beim nächsten Sturm wieder abgerissen wird. "Die hölzernen Dachsparren liegen enger beieinander, die Bleche sind an viel mehr Stellen verschraubt als früher", erklärt Silvia Scholl, Architektin des UN-Siedlungsprogramms Habitat. Das Prinzip erklären UN-Mitarbeiter auch Hüttenbesitzern wie Chindende Muege Sera. "Ich hätte mir Balken und Bleche nie leisten können", sagt der 60 Jahre alte Witwer.

Die Sturmopfer sind geschwächt nach einem Jahr des Ausharrens in Ruinen. Rund 2.300 Haushalte will die Internationale Organisation für Migration (IOM) in diesem Jahr in Beira endlich mit einem UN-Dach-Kit ausstatten, vom Hammer bis zum Blech. Doch andere gehen leer aus. "Was ist mit meinem Haus?", ruft eine Frau, als die IOM an einem Tag Ende Februar Balken anliefern lässt. "Wer hilft mir? Ich habe auch kein Dach!"