Trotz blutiger Proteste gegen das neue Staatsbürgerschaftsrecht bleibt Indiens Regierung unbeirrt: Premierminister Narendra Modi verteidigte am 22. Dezember bei einer Massenkundgebung in der Hauptstadt Neu-Delhi die Reform und beschuldigte die Opposition, Lügen zu verbreiten, wie die Zeitung "Indian Express" berichtete.

"Einige Oppositionsparteien verbreiten jede Menge Gerüchte, sie führen die Menschen in die Irre und heizen die Gemüter auf", sagte Modi in seiner über einstündigen Rede. Er versicherte, dass das umstrittene Gesetz sich nicht gegen Muslime wende. Bei landesweiten Protesten gegen die Reform, die nicht-muslimische Einwanderer begünstigt, sind bislang 23 Menschen ums Leben gekommen. Die Polizei nahm Hunderte Demonstranten fest.

Internet abgeschaltet

Auch am 22. Dezember widersetzten sich wieder Tausende dem von der Regierung erlassenen Versammlungsverbot, um gegen die Reform zu protestieren. In Teilen Indiens blieb das Internet weiter abgeschaltet. Modis hindunationalistische Bharatiya-Janata-Partei (BJP) kündigte eine Massenkampagne an, bei der in den kommenden zehn Tagen 30 Millionen Familien besucht werden sollen, um ihnen das Gesetz zu erklären und den "Lügen" und "Mythen" der Opposition zu begegnen.

Das Gesetz gewährt nicht-muslimischen Einwanderern aus den Nachbarländern Pakistan, Bangladesch und Afghanistan die indische Staatsbürgerschaft. Die hindunationalistische Regierung unter Premierminister Modi hatte die Reform in der vergangenen Woche durch das Parlament gebracht, offenbar ohne mit einem solchen Widerstand - auch von Nicht-Muslimen - zu rechnen.

Etwa 80 Prozent der Inder sind Hindus. Die zweitgrößte Religionsgruppe sind die Muslime mit etwa 180 Millionen Menschen. Unter der hindunationalistischen BJP, die seit 2014 Indien regiert, hat sich das einst religiös tolerante Indien gewandelt. Im August hatte die Regierung die vollständige Integration des mehrheitlich muslimischen Kaschmirs in den indischen Staat beschlossen und den Sonderstatus der Himalaya-Region abgeschafft. Im Oktober veröffentlichte die Regierung ein neues Staatsbürgerregister für den Bundesstaat Assam und erklärte fast zwei Millionen Einwohner, die Mehrheit von ihnen Muslime, faktisch für staatenlos.