Ein Kirchenmusiker, dem eine katholische Gemeinde wegen einer außerehelichen Beziehung gekündigt hatte, erhält keinen Schadenersatz für entgangenen Lohn. Auch wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Kündigung für menschenrechtswidrig angesehen und dem Kläger eine Entschädigung in Höhe von 40.000 Euro zugesprochen hat, könne der Organist keinen Schadenersatz für entgangene Vergütung oder Rentenansprüche verlangen, urteilte am 19. Dezember das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt. (AZ: 8 AZR 511/18)

Der Organist und Chorleiter war bei der katholischen St. Lambertus Gemeinde in Essen-Rellinghausen angestellt. Als der verheiratete Mann eine außereheliche Beziehung einging und daraus auch noch ein Kind hervorging, kündigte die katholische Kirche dem Mann im März 1998 wegen des Verstoßes gegen die katholischen Loyalitätspflichten und Grundsätze.

Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

Seine Kündigungsschutzklage blieb vor dem Landesarbeitsgericht ebenso erfolglos wie seine spätere Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Der EGMR urteilte jedoch im September 2010, dass die Kündigung wegen seiner außerehelichen Beziehung ihn in seinem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt (AZ: 1620/13). Im Juni 2012 sprachen die Straßburger Richter ihm daher eine Entschädigung in Höhe von 40.000 Euro zu.

Eine Wiederaufnahme des Kündigungsschutzverfahrens lehnte das Bundesarbeitsgericht (BAG) im November 2012 nach damaligem Recht jedoch ab (AZ: 2 AZR 570/11). Mit einer neuen Klage meinte der Organist, die Kirche müsse ihm trotz der rechtskräftigen deutschen Urteile dann wenigstens Schadenersatz für die ihm entgangene Vergütung und einen Ausgleich für Rentenansprüche bezahlen - insgesamt 275.067 Euro. Die katholische Kirchengemeinde habe ihn "vorsätzlich sittenwidrig geschädigt".

Wurde eine Kündigungsschutzklage rechtskräftig abgewiesen, schließe dies grundsätzlich etwaige Ansprüche des Arbeitnehmers auf Ersatz des entgangenen Lohns oder Rentenanspruchs aus, urteilte jedoch das BAG. Zwar könne anderes bei einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gelten, dies habe das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hier aber zu recht verneint, entschied das BAG. Seit September 2002 arbeitet der Kirchenmusiker halbtags in einer evangelischen Kirchengemeinde.