Im Kampf gegen den Lehrermangel setzt die NRW-Landesregierung auf finanzielle Anreize. Schulen, die besonders große Probleme bei der Stellenbesetzung haben, könnten potenzielle zusätzliche Lehrkräfte mit monatlichen Gehaltszuschlägen von 350 Euro brutto locken, kündigte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am 21. November an. Die Maßnahme ist befristet auf zweieinhalb Jahre. Auch die Hinzuverdienstgrenze für pensionierte Lehrer soll bis 2024 weiter ausgesetzt werden, so dass sie ohne Abzüge von ihrem Ruhegehalt erneut im Schuldienst arbeiten können. Lehrerverbände und die Grünen im NRW-Landtag sehen diese Maßnahmen kritisch.

Hoher Bedarf im Ruhrgebiet

Für die Zuschläge stellt das Land von 2020 bis 2022 insgesamt 17 Millionen Euro bereit. Bis zu 1.700 Lehrkräfte sollen so für Schulen in Regionen mit hohem Bedarf wie vor allem dem Ruhrgebiet gewonnen werden. "Wir setzen damit zusätzliche Anreize", sagte die Ministerin. Insbesondere an Grund- und Förderschulen, Berufskollegs und in der Sekundarstufe I fehlen Lehrer - in den nächsten zehn Jahren geschätzt 15.000. Dagegen gibt es für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen einen deutlichen Überhang von rund 16.000 Bewerbern.

Die Zuschüsse sind Teil des sogenannten dritten Maßnahmenpakets der Landesregierung gegen den Lehrermangel. Dazu gehört auch, die Hinzuverdienstgrenze für pensionierte Lehrer bis 2024 weiter auszusetzen. "Es soll sich für Pensionäre lohnen, wieder zurückzukehren", erläuterte Gebauer. Aktuell seien bereits rund 800 wieder in den Schulen aktiv.

Rund 700 neue Studienplätze für angehende Lehrer geplant

Die Wiedereinstellung von Pensionären sowie das Angebot an stellenlose Gymnasiallehrer, übergangsweise in Grundschulen zu unterrichten, gehören zu den ersten beiden Maßnahmenpaketen der Landesregierung. Teil davon ist außerdem die Anwerbung von Seiteneinsteigern, die in Grundschulen Englisch, Sport, Musik oder Kunst unterrichten können. Mehr als 700 konnten dafür laut Gebauer bislang gewonnen werden. Knapp 400 Sekundarstufe II-Lehrer hätten das Angebot einer Dauerbeschäftigung an einer Grundschule angenommen.

Auch mit einem Ausbau der Studienplatz-Kapazitäten will das Land dem Lehrermangel begegnen. Allein in der laufenden Legislaturperiode seien mehr als 700 neue Studienplätze für angehende Lehrer geplant, kündigte Gebauer an. Für die sonderpädagogische Förderung seien 750 neue Lehramts-Studienplätze vorgesehen.

Lehrergewerkschaft wenig überzeugt

Die Lehrergewerkschaft VBE zeigte sich von dem neuen Maßnahmenpaket wenig überzeugt. Die geplanten Zulagen seien angesichts der ohnehin bestehenden ungleichen Besoldung von Lehrämtern kritisch zu sehen. "Das ist sehr heikel für den Frieden in den Kollegien", erklärte der Landesvorsitzende des VBE NRW, Stefan Behlau, in Dortmund.

Ähnlich sieht das auch die Vorsitzende von Lehrer NRW, Brigitte Balbach. "Eine solche Zulage wird zu Unfrieden in den Kollegien führen, denn dort bekommen dann andere weniger Geld, die an der gleichen Schule schon seit Jahren engagiert arbeiten." Das Kernproblem bleibe die schlechtere Bezahlung von Lehrkräften.

Auch die bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Sigrid Beer, kritisierte die angekündigten Maßnahmen. Die geplante Zulage zeige, "dass die Frage der Attraktivität von Stellen auch eine Frage der Besoldung ist". Umso enttäuschender sei es, dass die Besoldungsanpassung für Grundschul- und Sekundarstufe-I-Lehrkräfte weiter auf sich warten lasse. "Somit gehen die Lehrkräfte, die schon lange an diesen Schulen arbeiten, immer noch leer aus", kritisierte Beer.