Immer mehr neue Lehrkräfte in Deutschland kommen eigentlich aus anderen Branchen: Der Anteil der Seiten- und Quereinsteiger unter den neu eingestellten Lehrern lag zum Start des Schuljahres 2019/20 bundesweit im Durchschnitt bei 16 Prozent, wie die Düsseldorfer "Rheinische Post" (12. November) unter Berufung auf eine Abfrage der Zeitung bei allen 16 Kultusministerien berichtete. Über alle Länder hinweg steige diese Zahl kontinuierlich.

Die höchste Quote wies laut der Umfrage der Zeitung Berlin mit 61 Prozent auf. Auf Werte um die 30 Prozent seien die meisten ostdeutschen Bundesländern gekommen. Die Anteile in westdeutschen Flächenländern habe zwischen zehn und zwölf Prozent gelegen. Rheinland-Pfalz kam mit knapp vier Prozent den Angaben zufolge auf eine niedrige Quote.

In Nordrhein-Westfalen lag der Anteil der Seiteneinsteiger an allen neuen Lehrern bei 11,9 Prozent, wie aus einer Übersicht des nordrhein-westfälischen Schulministeriums hervorgeht. Damit sank er zuletzt leicht: 2018 lag er den Daten nach bei 13,9 Prozent. 2010 war er mit 16,9 Prozent am höchsten, 2014 mit 2,3 Prozent am niedrigsten.

Seiteneinsteiger können in NRW etwa Oberstufenlehrer sein, die nun an Grundschulen arbeiten. Fast 400 Oberstufenlehrer seien bislang an Grundschulen eingestellt worden, teilte das Düsseldorfer Schulministerium dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 12. November mit. Es könnten jedoch noch keine Aussagen darüber getroffen werden, wie viele nach ihrer zweijährigen Qualifizierungszeit dort bleiben wollten. Derzeit würden landesweit 1.463 Seiteneinsteiger berufsbegleitend qualifiziert.

Verband dringt auf verbindliche Vorqualifizierung

Der Verband Bildung und Erziehung NRW warnte vor negativen Folgen für die Bildungsqualität. "Der Einsatz von unvorbereitetem Personal ist eine Notwehrreaktion der Landesregierung auf den Personalmangel", erklärte der Landesvorsitzende Stefan Behlau dem epd. Aktuell gehe es nicht ohne Seiteneinstieg, weil Lehrkräfte fehlten. Aber es müsse eine verbindliche pädagogische Vorqualifizierung erfolgen. "Diese Vorbereitung schuldet die Landesregierung den motivierten Menschen, die sich für den Seiteneinstieg entscheiden und genauso schuldet sie diese den Kolleginnen und Kollegen in den Schulen, die die Ausbildung zu gewährleisten haben", betonte Behlau.

Die Bundesländer weisen der Umfrage zufolge unterschiedliche Definitionen für Seiten- und Quereinsteiger auf, die häufig eingestellt werden, um den Mangel an Lehrern auszugleichen. Deshalb seien die Zahlen nur bedingt vergleichbar. In Bayern etwa müssen auch Seiteneinsteiger Lehramt studiert haben. In anderen Ländern können sich Menschen auch ohne Lehramtsstudium qualifizieren, indem sie einen sogenannten Vorbereitungsdienst absolvieren oder sich berufsbegleitend weiterbilden.