Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die hohen Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher als unverhältnismäßig einzustufen, erhält Zustimmung von nordrhein-westfälischen Verbänden. Der Sozialverband VdK Nordrhein-Westfalen zeigte sich nach dem Grundsatzurteil der Karlsruher Richter am 5. November erleichtert. Die Kürzung des Arbeitslosengeldes II stehe in keinem Verhältnis zu den Regelverstößen, erklärte der Landesvorsitzende des Verbandes, Horst Vöge, in Düsseldorf. Auch die Caritasverbände in Essen und Paderborn begrüßten das Urteil.

Bei wiederholtem Fehlverhalten müssen Hartz-IV-Bezieher ab sofort nicht mehr mit einer Kürzung ihres Arbeitslosengeldes II um mehr als 30 Prozent rechnen. Die starren dreimonatigen Sanktionen in Höhe einer Leistungskürzung von 60 oder 100 Prozent seien unverhältnismäßig und verletzten das vom Staat zu gewährende menschenwürdige Existenzminimum, urteilte das Bundesverfassungsgericht. (AZ: 1 BvL 7/16)

Sozialverband fordert Runden Tisch in NRW

Der VdK NRW plädierte für Maßnahmen, Grundsicherungsempfänger zurück ins Berufsleben zu bringen. Vöge forderte auf Landesebene einen runden Tisch, um Angebote etwa für ältere Langzeitarbeitslose besser zu koordinieren.

Die Essener Diözesan-Caritasdirektorin Sabine Depew sprach sich für Investitionen in die Qualität der Beratung und Vermittlung aus. Zudem müssten die Sanktionsmöglichkeiten für Jugendliche in den Blick genommen werden. Über die noch strengeren Sanktionsvorschriften für bis zu 25 Jahre alte Hartz-IV-Bezieher hatten die Verfassungsrichter nicht zu entscheiden.

Christoph Eikenbusch vom Paderborner Caritasverband bedauerte ebenfalls, dass die Entscheidung nicht für die jüngeren Hartz-IV-Empfänger gelte. Für sie seien Korrekturen dringend notwendig. Zudem forderte er pädagogische Förderangebote für jüngere Leistungsbezieher.

Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass das bisherige Sanktionssystem in Teilen verfassungswidrig ist und gegen die im Grundgesetz verankerte Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip verstößt. Der Staat müsse das menschenwürdige Existenzminimum eines jeden Einzelnen sicherstellen.

Bis zu einer erforderlichen Gesetzesänderung gelte daher eine Übergangsregelung. Danach dürfen ab sofort keine Sanktionen von mehr als 30 Prozent verhängt werden. Jobcenter müssen auch Härtefälle berücksichtigen und gegebenenfalls auf eine Sanktion verzichten.