In Kamerun hat Präsident Paul Biya angekündigt, Hunderte politische Gefangene zu begnadigen. Dabei handele es sich um 333 Menschen, die im Zuge der Krise im englischsprachigen Teil des Landes festgenommen worden seien, erklärte Biya am 3. Oktober über den Kurznachrichtendienst Twitter. Die Ankündigung steht im Zusammenhang mit einem von Biya einberufenen nationalen Dialog. Die Konferenz sprach sich für eine stärkere Dezentralisierung und ein Sonderstatut für die englischsprachigen Provinzen aus. Mehr als 80 Prozent der rund 25 Millionen Kameruner sind französischsprachig.

In dem vor Abschluss der Konferenz am Freitag verbreiteten Kommuniqué heißt es unter anderem, alle Provinzen zusammen sollten künftig zwischen 10 und 15 Prozent der Staatseinnahmen erhalten. Die 1996 in der Verfassung verankerte Dezentralisierung war bisher unter anderem an fehlenden Ressourcen gescheitert. Die Teilnehmer des Dialogs sprachen sich zudem für den verstärkten Gebrauch von Englisch in der Verwaltung, die Bildung einer "Wahrheits-, Gerechtigkeits- und Versöhnungskommission" sowie die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft für im Ausland lebende Kameruner aus.

Jahrelange Unruhen

Vertreter der radikalen Opposition im anglophonen Kamerun, die eine Abspaltung der Region fordern, waren zu der von Biya einberufenen Konferenz nicht geladen. Der Präsident hatte zuvor gewarnt, militante Gegner seiner Regierung müssten sich weiterhin mit der Polizei auseinandersetzen. Forderungen der Separatisten stünden nicht zur Debatte. Dessen ungeachtet hofft der seit 1986 regierende Biya, mit dem Dialog die seit drei Jahren anhaltenden Unruhen unter der englischsprachigen Minderheit im Land zu beenden.

Die Unruhen hatten 2016 mit Lehrerprotesten begonnen und sich schnell ausgeweitet. Polizei, Militär und bewaffneten Gruppen werden massive Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Die Zahl der Toten in dem Konflikt wird von den UN auf mindestens 1.850 geschätzt. Oppositionsführer Maurice Kamto droht wegen Rebellion die Todesstrafe. Er war mit 150 seiner Anhänger Ende Januar bei einer Demonstration gegen die Regierung festgenommen worden. Ob und wie viele von ihnen von der jüngsten Begnadigung profitieren, war zunächst unklar. Separatisten waren ausdrücklich ausgenommen.

Die einstige deutsche Kolonie Kamerun liegt in Zentralafrika und war nach dem Ersten Weltkrieg zwischen Großbritannien und Frankreich aufgeteilt worden. Im Zuge der Unabhängigkeit von Großbritannien hatten die Bewohner der heutigen Provinzen Südwest und Nordwest 1961 entschieden, sich Kamerun statt Nigeria anzuschließen. Der 86-jährige Biya regiert die ölreiche Nation autokratisch. Die Opposition wirft ihm vor, die Wahlen im vergangenen Jahr gefälscht zu haben.