Der Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Michael Szentei-Heise, zieht nach 33 Jahren im Amt deprimiert Bilanz. Er fühle sich wie die ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis und Paul Spiegel, am Ende ihrer Amtszeit, sagte Szentei-Heise der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (24. Juni). "Ich stehe nach 33 Jahren da und habe das Gefühl, ich habe nichts erreicht." Im Frühjahr kommenden Jahres scheidet Szentei-Heise aus dem Amt.

Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf sei immer eine offene Gemeinde gewesen, die eng mit der Stadtgesellschaft zusammengearbeitet habe, sagte der Jurist. Nun aber erhalte er immer mehr antisemitische Briefe, die sogar mit Klarnamen versehen seien. Zuletzt war in Düsseldorf ein Rabbiner auf offener Straße beleidigt worden. Dies sei kein Einzelfall, sagte Szentei-Heise. Auch wenn ihm noch kein Fall einer Ausreise bekannt sei, so werde doch zunehmend unter Gemeindemitgliedern über eine Ausreise nach Israel diskutiert.

Gemeindemitgliedern diskutieren über Ausreise nach Israel

Szentei-Heise unterstrich, dass Düsseldorf das Glück habe, einen Polizeipräsidenten zu haben, der "auf diesem Auge nicht blind ist". Auf der anderen Seite sei er überzeugt, "dass es ebenso wie bei der Bundeswehr in jeder Polizeibehörde eine gewissen Anzahl von rechten Sympathisanten gibt, die, wenn es darum geht, rechte Antisemiten zu schützen, ganz schnell abbiegen", sagte der Verwaltungsvorstand.

Mit Blick auf offen ausgetragenen Antisemitismus bewertet der Leiter der Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte, Bastian Fleermann, den Sommer 2014 als Zäsur, als der Gaza-Konflikt eskalierte und auch in europäischen Städten auf die Straße getragen wurde. Auf einer Demonstration in Essen sei Juden der Tod gewünscht worden, sagte er in dem Gespräch mit der Zeitung. Der Historiker verwies darauf, dass zwar laut Studien in der Bundesrepublik relativ konstant 15 bis 20 Prozent der Menschen ansprechbar seien für antisemitische Stereotypen. Geändert hätten sich jedoch die medialen Möglichkeiten, Antisemitismus zu verbreiten und gezielt einzusetzen.

Fleermann begrüßte, dass der Düsseldorfer Stadtrat beschlossen habe, dauerhaft eine halbe Stelle an der vor zwei Jahren eingerichteten Antirassismus- und Antidiskriminierungsstelle zu finanzieren. Zudem seien die Besucherzahlen der Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte in seiner Amtszeit von anfänglich 12.000 vor zwölf Jahren auf deutlich über 30.000 jährlich gestiegen. "Das ist auch eine Abstimmung mit den Füßen und zeigt, dass sich die Menschen für die NS-Geschichte in ihrer Stadt interessieren."