Der Gen-Test auf eine mögliche Trisomie des ungeborenen Kindes könnte bei Risikoschwangerschaften schon bald zur Leistung der gesetzlichen Krankenversicherungen werden. Der für die Einstufung von Kassenleistungen zuständige Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 22. März sein Stellungnahmeverfahren eingeleitet. In einem nach seiner Sitzung in Berlin dazu veröffentlichten Beschlussentwurf plädiert er dafür, die Tests zur Kassenleistung zu machen. Angesichts der Risiken invasiver Untersuchungen sowie der belegten hohen Testgüte der geprüften Verfahren sogenannter nicht-invasiver Pränataldiagnostik sehe er eine Anerkennung als medizinisch begründet an, sagte der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken. Eine endgültige Entscheidung über die Tests wird frühestens im August erwartet.

Hecken ergänzte, es gehe nach dem Beschluss des G-BA "ausdrücklich um die Anwendung des Tests bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken". "Es geht nicht etwa um eine Reihenuntersuchung aller Schwangeren", unterstrich er. Die Patientenvertretung im Ausschuss plädiert dafür, die Tests generell erst ab der zwölften Schwangerschaftswoche zur Kassenleistung zu machen und die Beratung der Frauen zu erweitern. Abtreibungen sind nach diesem Zeitraum nicht mehr ohne weiteres möglich.

Risikofrei und umstritten

Der G-BA muss darüber entscheiden, ob die Gen-Tests, die am Blut der Schwangeren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine mögliche Trisomie beim ungeborenen Kind erkennen, künftig von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden sollen. Bislang müssen Mütter die Tests privat bezahlen, während Fruchtwasseruntersuchung oder Plazentabiopsie, die dies auch untersuchen, aber ein Risiko für Fehlgeburten bergen, von der Kasse übernommen werden. Der nicht-invasive Test ist praktisch risikofrei, weil nur der Mutter Blut abgenommen wird.

Im Verfahren zur sind nun Expertengremien wie die Bundesärztekammer, die Gendiagnostik-Kommission oder der Deutsche Ethikrat aufgefordert, schriftlich Einschätzung abzugeben. Zudem ist eine mündliche Anhörung geplant. Die abschließende Beratung wird nach Angaben des G-BA voraussichtlich im August sein.

BAG Selbsthilfe lehnt Kostenübernahme ab

Der Test ist umstritten. Vor allem Behindertenvertretungen kritisieren eine mögliche Zulassung als Kassenleistung. Sie befürchten ein Screening, an dessen Ende sich kaum noch Eltern für behinderte Kinder entscheiden und damit der Druck auf Behinderte selbst wächst. Im Bundestag setzt sich eine große Gruppe von Abgeordneten für eine ethische Debatte über die Tests ein. In der zweiten Aprilwoche soll es dazu eine Orientierungsdebatte im Parlament geben.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Selbsthilfe sowie 26 weitere Verbände veröffentlichten am 22. März eine gemeinsame Stellungnahme unter dem Titel "Ja zur Vielfalt des menschlichen Lebens!". Eine Übernahme der Bluttests in den Leistungskatalog der Krankenkassen werde dazu führen, "die Angst vor Behinderung zu verstärken" und "die Diskriminierung von Menschen mit Beeinträchtigungen zu verschärfen", erklärten die Unterzeichner anlässlich des Welt-Down-Syndrom-Tages.

Statt eine Finanzierung durch die Krankenkassen zu ermöglichen, sollten nach Angaben der BAG Selbsthilfe bessere Beratungsangebote durch die Beteiligung der Behindertenselbsthilfe für die Eltern geschaffen werden. "Wer solche Möglichkeiten zu vorgeburtlichen Selektion schafft, sendet damit vor allem die Botschaft, dass behinderte Menschen in unserer Gesellschaft unerwünscht sind", mahnte der Bundesgeschäftsführer der BAG Selbsthilfe, Martin Danner.