Kritik am Asylstufenplan der NRW-Landesregierung hat der Kirchenrat der westfälischen Landeskirche, Jan-Dirk Döhling, geübt. "Eine Isolierung von Schutzsuchenden und Asylbewerbern von der Zivilgesellschaft schadet nicht nur den Menschen, sondern verschärft auch die Tendenz zur Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft", sagte er auf dem "Asylpolitischen Forum" am Wochenende in Schwerte. Die Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) des Landes dürften nicht zu "Ausreise- und Rückführungszentren" umorganisiert werden. Wo Menschen ohne Perspektive ausharrten und ihre soziale und berufliche Entwicklung nicht mitgestalten könnten, machten sich Verzweiflung, Langeweile, Unsicherheit, Wut und Gewalt breit.

Asylpolitsches Forum in Schwerte

Schutzsuchende sollten so früh wie möglich dezentral in den Kommunen untergebracht werden, erklärte der Theologe, der in der Landeskirche für den Bereich gesellschaftliche Verantwortung zuständig ist. Von Anfang an solle die Integration beginnen. "Auch abgelehnte Asylbewerber sind keine Kriminellen", unterstrich Döhling.

Durch die enge Verknüpfung der Landesunterkünfte mit Ausreise, Rückkehr und Abschiebung sei das individuelle Recht auf Asyl gefährdet, erklärte der Kirchenrat weiter. Döhling forderte eine Grundentscheidung in der Flüchtlingspolitik, alles für optimale Rahmenbedingungen zur Integration zu tun. Das sei "eine riesig gesellschaftliche Aufgabe, die alle zivilgesellschaftliche, politische und administrative Energie braucht". Die evangelische Kirche sei jederzeit bereit, hier Verantwortung zu übernehmen.

Nach dem sogenannten Asylstufenplan des Landes NRW können alle Geflüchteten bis zu sechs Monaten in einer Landeseinrichtung festgehalten werden. Asylbewerber, deren Antrag im Schnellverfahren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) abgelehnt wurde, sogar bis zu zwei Jahre.

Staatssekretär Andreas Bothe vom NRW-Integrationsministerium verteidigte das Ziel des Landes, den Kommunen nur noch anerkannte Flüchtlinge zuzuweisen, um sie zu entlasten. Die Asylverfahren müssten kürzer werden. Das Land NRW habe großes Interesse an einer zuverlässigen und fachlich optimalen Betreuung der Geflüchteten, sagte Bothe. Sie bräuchten Beratung, qualifizierte Informationen über Verfahren und Rechte. Bothe betonte aber auch, dass Menschen, die sich nicht integrieren wollen, "zügig zurückgeführt werden". Das würde die Rechtsstellung derjenigen stärken, die auch ohne Bleiberecht Integrationsleistungen erbracht haben. "Unser Ziel ist, gut integrierten Ausländern eine Bleibeperspektive zu eröffnen."

Bürgermeister von Altena mahnt "verbale Abrüstung" an

In einer Podiumsdiskussion sprach sich der Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein (CDU), für einen "Asylfrieden" aus. Der Bürgermeister der Stadt Altena, die mehr Flüchtlinge aufgenommen hat als nach dem Verteilungsschlüssel notwendig, riet beiden Seiten zur "verbalen Abrüstung". Hollstein warb dafür, die Gräben in der Gesellschaft einzuebnen statt sie weiter zu vertiefen. Als Bürgermeister sei er an pragmatischen Lösungen interessiert. Die Preise wie den Nationalen Integrationspreis gebührten den zahlreichen ehrenamtlich Tätigen in seiner Stadt, die eine "wunderbare Arbeit" leisteten.

Erklärung verabschiedet

Zum Abschluss der Fachtagung der Evangelischen Kirche von Westfalen riefen die Teilnehmer in einer gemeinsamen Erklärung dazu auf, das Grundrecht auf Asyl zu stärken und "die Abschottungspolitik aufzugeben". Sie forderten ein europäisches Asylsystem mit gleich hohen Standards in allen Mitgliedsstaaten der EU. Die Erstaufnahme in den Landesunterkünften solle sechs Wochen Aufenthaltsdauer nicht überschreiten. Weitere Forderungen sind unter anderem der uneingeschränkte Familiennachzug, keine Abschiebungen in Länder wie Afghanistan, wo Gefahr für Leib und Leben drohe, oder der Ausbau der staatlichen Seenotrettung.

Zum Asylpolitischen Forum kamen 150 Haupt- und Ehrenamtliche, die in der Flüchtlingshilfe aktiv sind. Das Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen lädt dazu gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat NRW, ProAsyl, Amnesty International, der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe und der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche ein.