Berlin (epd). Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gibt Buch-Empfehlungen, feilscht mit Verbandschef Aiman Mazyek um die Imam-Ausbildung, das Publikum lacht: So heiter wie am 28. November ist es in der zwölfjährigen Geschichte der Deutschen Islam Konferenz wohl noch nie zugegangen. Es gibt aber auch heftigen Disput: Vertreter der konservativen Verbände und liberale Muslime liefern sich schon in der ersten Diskussionsrunde ein heftiges Wortgefecht. Es erinnere ihn alles sehr an einen Kirchentag, sagt Seehofer, sichtlich zufrieden mit der hitzigen Diskussion, die er für die Islamkonferenz unter seiner Führung wollte. "Kritischen Dialog" forderte er in seiner Eröffnungsrede.
Mehr als seine Vorgänger hat der CSU-Chef muslimische Einzelpersonen aus der ganzen Bandbreite islamischen Lebens in Deutschland eingeladen. 240 Teilnehmer hatten sich angemeldet. Seehofers Ziel - das hatte er schon vorher klar gemacht - ist ein in Deutschland verwurzelter Islam mit eigenständigen Strukturen ohne Einfluss aus dem Ausland und mit hierzulande ausgebildeten Imamen.
Versöhnliche Töne
"Muslime gehören zu Deutschland", betonte der Minister in seiner Eröffnungsrede. Den umstrittenen Satz "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" aus einem Interview zu Beginn seiner Amtszeit wiederholt er nicht. Versöhnliche Töne seien das, erkennt auch der Islamexperte Bülent Ucar an. Der Osnabrücker Wissenschaftler, der vor allem an einer deutschen Imamausbildung arbeitet, hatte zuvor noch Untätigkeit der Regierung kritisiert. "Ich bin inzwischen ratlos", sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Es wird geredet, ohne dass gehandelt wird."
Bei der Imamausbildung will das Bundesinnenministerium in dieser Wahlperiode unbedingt Fortschritte erzielen. Es gebe mittlerweile viele hundert deutschstämmige muslimische Theologie-Studenten, die nach dem Studium nicht als Imame arbeiten könnten, sagte der für die Islamkonferenz zuständige Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Markus Kerber, dem epd. Grund sei das Fehlen einer an das Studium anschließenden Praxis-Ausbildung.
Damit fehlt die auch bei den Kirchen übliche Verknüpfung zwischen der akademischen Ausbildung und dem Einsatz als Seelsorger. Die müssten die religiösen Vertretungen auf die Beine stellen. Der Staat dürfe sich da aufgrund des Neutralitätsgebots nicht einmischen, betonten Seehofer und Kerber. Die meisten etablierten Verbände taten sich aber in der Vergangenheit schwer mit der Zusammenarbeit mit den Lehrstühlen für islamische Theologie in Deutschland.
Bewegung bei Verbänden
Inzwischen scheint aber Bewegung auch in die Verbände zu kommen. Er wolle langfristig auch keine Imame aus dem Ausland mehr, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, vor der Konferenz. Auf dem Podium der Konferenz fordert Seehofer von ihm konkrete Schritte innerhalb des kommenden Jahres. Mehrere Dutzend Imame seien kein Problem, antwortet Mazyek. "24 Imame 2019", hält Seehofer das Verhandlungsergebnis fest.
Anderthalb Tage Diskussion waren für den Auftakt der inzwischen vierten Auflage der 2006 vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ins Leben gerufenen Islamkonferenz eingeplant. Jeder Bundesinnenminister brachte andere Themen und Formate auf die Agenda. Thomas de Maizière (CDU) konzentrierte sich von 2013 bis 2017 auf Sacharbeit in Fachgruppen. Seehofer will nach eigenen Worten auf feste Gremien verzichten. Er wolle eine flexiblere Arbeitsweise mit unterschiedlichen Formaten.
Die genauen Themen sollen Kerber zufolge auch erst nach der Auftaktveranstaltung festgelegt werden. Seehofer will alltagspraktische Fragen diskutieren. Auch die von 2006 an immer wieder aufgebrachte Frage, wie der Islam sich organisieren kann, dass er als Körperschaft gleiche Rechte wie etwa die Kirchen in Anspruch nehmen kann, soll aber nicht ausgeklammert werden. Die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat erkannte am Mittwoch an, Seehofer scheine im Dialog mit den Muslimen "dazu gelernt" zu haben. Worte alleine reichten allerdings nicht aus. "Jetzt müssen auch Taten folgen", erklärte sie.