Die Freie Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen warnt vor massiven Personalengpässen in der ambulanten Pflege. Immer mehr Anfragen nach Unterstützung bei der häuslichen Pflege müssten abgesagt werden, weil nicht genug Pflegekräfte vorhanden seien, erklärte die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege am 3. September in Düsseldorf. Eine interne Umfrage habe ergeben, dass inzwischen jeder der 850 ambulanten Pflegedienste der Mitgliedsverbände im Schnitt pro Monat 10,5 Anfragen zurückweisen müsse.

Das seien hochgerechnet rund 9.000 Absagen gegenüber Hilfebedürftigen, die Unterstützung bei der Pflege zu Hause suchten, bedauerte der Vorsitzende der Kommission Pflegeversicherung der Freien Wohlfahrtspflege NRW, Eric Lanzrath. Er forderte mehr Unterstützung: "Die ambulante Pflege muss durch Pflege- und Krankenkassen besser finanziert werden." In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege sind unter anderem Diakonie, Caritas und das Deutsche Rote Kreuz zusammengeschlossen.

Europaweite Anwerbung füllt Lücken nicht

Wegen des demografischen Wandels werde der Anteil älterer Menschen stetig steigen, mahnte Lanzrath. Schon jetzt sei der Markt für Fachkräfte nahezu leer gefegt. Wegen der allgemein starken Nachfrage könne nicht länger auf die europaweite Anwerbung von Pflegekräften gesetzt werden.

Notwendig seien mehr Ausbildungsplätze und gute Arbeitsbedingungen, forderte Lanzrath. Dazu gehöre auch, gegen die zunehmende Verdichtung der Arbeitszeit anzusteuern, damit "mehr Zeit für gute Pflege" möglich sei. Ohne mehr personelle Kapazitäten müssten die Menschen länger im Krankenhaus bleiben oder von Angehörigen versorgt werden, die damit "tendenziell überfordert" seien, sagte der Experte. Weitere Alternativen seien Tagespflegeeinrichtungen oder Heime.

Die Freie Wohlfahrtspflege versorgt nach eigenen Schätzungen rund 120.000 Menschen und damit gut die Hälfte der 240.000 in NRW ambulant betreuten Pflegebedürftigen. Insgesamt sind in NRW den Angaben zufolge derzeit knapp 600.000 Menschen auf Pflege angewiesen, rund 180.000 von ihnen werden stationär betreut. Eine etwa gleiche Zahl wird daheim von Familienangehörigen versorgt.

Die Freie Wohlfahrt begrüßte, dass das Bundeskabinett vor der Sommerpause das sogenannte Pflegepersonalstärkungsgesetz beschlossen hat. Es soll nach Zustimmung des Bundesrates Anfang 2019 in Kraft treten. In einem ersten Schritt sollen über Mittel der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen 13.000 neue Stellen für medizinische Behandlungspflege in Altenheimen finanziert werden. Ferner werden Anreize für mehr Ausbildung gesetzt.