Sie sehen aus wie kleine Kaffeesahnekapseln, enthalten aber Leib und Blut Christi. "Prefilled Communion Cups" werden seit kurzem von einigen Gemeinden in Deutschland zur Abendmahlsfeier genutzt. "So ermöglichen wir jedem, zum Tisch des Herrn zu gehen", erklärt Peter Wenz, leitender Pastor des Gospel Forums in Stuttgart, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die "Cups" enthalten in einem winzigen Plastikbecher einen Schluck Traubensaft und darüber in einer zweiten Schicht eine kleine eingeschweißte Oblate. Zur Abendmahlsfeier werden sie entweder in großen Körben durch die Reihen gegeben oder zu Beginn des Gottesdienstes am Eingang ausgeteilt.

Die freie evangelisch-charismatische Gemeinde von Pastor Wenz, zu der sich über 8.000 Menschen zählen, nutzt seit eineinhalb Jahren die Sets. Die Mitglieder hätten es sich gewünscht, sonntags wieder gemeinsam Abendmahl zu feiern, und nicht nur - wie vorher üblich - in über 600 Kleingruppen unter der Woche. "Da haben wir uns für die 'Cups' entschieden, weil wir es von anderen Kirchen weltweit kannten und weil es uns die Möglichkeit eröffnet hat, das Abendmahl zeitlich gut im großen Gottesdienst unterzubringen." Einen anderen Weg habe es bei so vielen Gottesdienstbesuchern aus zeitlichen Gründen gar nicht gegeben.

"Starkes Erlebnis"

Auch aus hygienischer Sicht seien die Abendmahl-Sets positiv zu bewerten: "Mit dem Becher, den jeder für sich hat, haben wir das Problem der Ansteckungsgefahr ausgeschaltet", sagt der Gemeindeleiter. Die Rückmeldung sei positiv gewesen: "Wenn wir das Abendmahl in dieser Form im großen Gottesdienst nehmen, ist das ein sehr starkes Erlebnis."

Sucht man nach den "Cups" im Internet, wird man schnell fündig: Dort kann man die kleinen Kapseln von verschiedenen Unternehmen kaufen, zum Beispiel 500 Stück für umgerechnet 70 Euro. Angeboten werden zum Beispiel "Kingdom Prefilled Communion Cups" oder "Fellowship Cups". Wie viele andere Gemeinden bestellt auch das Gospel Forum Stuttgart die kleinen Abendmahl-Sets in den USA. Dort wurde das abgepackte Abendmahl in den 90er-Jahren von einer Gemeinde in Oregon erfunden.

Anselm Schubert, Professor für Neuere Kirchengeschichte an der Universität Erlangen-Nürnberg, hat sich intensiv mit dem Abendmahl beschäftigt. Historisch knüpfe das abgepackte Abendmahl an die ältere Tradition des Einzelkelchs an, erklärt Schubert. Als man im späten 19. Jahrhundert Bakterien entdeckte, sei eine Angst vor Ansteckung entstanden, so dass sich viele Kirchen in den USA dazu entschieden hätten, jedem Kirchgänger einen eigenen Kelch zu reichen. Da sei es eine naheliegende Idee gewesen, den Einzelkelch schon vorher abzufüllen.

"Das ist nichts, was die Amerikaner erfunden haben, um viel Geld zu verdienen", betont Schubert. Er sieht die "Prefilled Cups" vielmehr als "pragmatische Lösung für ein praktisches Problem in riesigen Gemeinden".

"Asthetisch schrecklich"

Aus ästhetischer Sicht seien die Sets "natürlich ganz schrecklich" und das damit entstehende Müllproblem dürfe man auch nicht vernachlässigen, sagt der Kirchenhistoriker. Außerdem gibt er zu bedenken, dass bei dieser Form des Abendmahls der Gemeinschaftscharakter verloren gehe, wenn jeder sein eigenes Päckchen nutze.

Pastor Wenz weist diesen Vorwurf zurück: "Eine Gemeinschaft kommt nicht zustande, wenn man aus dem gleichen Becher trinkt. Sie entsteht in den Herzen." Das bringe seine Gemeinde im gemeinsamen Teilen des Brotes zum Ausdruck.

Ein Hersteller aus den USA bewirbt die Päckchen in einem Kurzfilm mit Attributen wie "super leicht zu öffnen", "eine Art, die Kommunion auf eine frische und gesunde Weise zu feiern" oder "servierbereit und einfach zu lagern". Auch die "signifikant reduzierte Zeit zur Austeilung des Abendmahls" wird hier als Pluspunkt hervorgehoben.

Thies Gundlach, Vizepräsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), bemängelt den Gedanken der Effektivität: "Einerseits möchte man eine Gemeinschaftsfeier mit Gott und den Mitchristen feiern und andererseits soll das möglichst schnell, effektiv und reibungslos sein. Das ist in sich spannungsvoll." Prinzipiell schließe die EKD Einzelkelche und damit auch "Prefilled Cups" statt eines gemeinsamen Bechers beim Abendmahl nicht aus. Genutzt würden diese aber nicht, so Gundlach.

In der katholischen Kirche sind Einzelkelche und "Prefilled Cups" hingegen nicht erlaubt. Thomas Schüller, Professor für katholisches Kirchenrecht an der Universität Münster, erklärt, dass bei Einzelkelchen die Gefahr bestehe, etwas von dem Blut Christi zu verschütten. Dies sei undenkbar, weil Katholiken glaubten, dass Jesus Christus leibhaftig im Wein anwesend sei.

Dennoch sieht der Kirchenrechtler einen positiven Aspekt in den "Cups": Das Abendmahl sei für Katholiken das zentrale Element der Kirche. "Ich freue mich, dass durch ein so praktisches Beispiel aus den USA wieder eine Diskussion über das Abendmahl angestoßen wird."