Plötzlich trugen die Pariserinnen Kimonos. Sie dekorierten ihre Boudoirs und Salons mit japanischen Holzschnitten und servierten Tee in dünnwandigen Porzellantassen. Das Japanfieber war 1890 in der französischen Hauptstadt ausgebrochen, ausgelöst durch eine Ausstellung ostasiatischer Druckgrafik. Der Virus ergriff auch die damalige Künstler-Avantgarde. Unter dem Titel "Im Japanfieber. Von Monet bis Manga" zeigt das Arp Museum Rolandseck in Remagen seit Sonntag in einer Doppelausstellung den Einfluss der japanischen Kunst auf den Impressionismus und die heutige westliche Alltagskultur.

Im Mittelpunkt der bis zum 20. Januar terminierten Schau steht im ersten Teil Claude Monet, dessen bedeutende Sammlung japanischer Farb-Holzschnitte den Ausgangspunkt der Ausstellung bildet. Hinzu kommen Gemälde weiterer bekannter Maler wie Vincent van Gogh, Paul Signac und Georges Seurat, die in der Kunstkammer Rau des Museums zu sehen sind. Im Bahnhof Rolandseck werden zeitgleich Manga und Anime gezeigt, also japanische Comics und Zeichentrickfilme, die auch Teil der westlichen Alltagskultur geworden sind. Sie sind Auslöser für die heute beliebten "Cosplay"-Veranstaltungen, bei denen sich vorwiegend junge Leute als Manga-Charaktere verkleiden.

Begonnen hat das "Japanfieber" vor 150 Jahren mit der Meiji-Zeit, die die 200-jährige Isolation Japans beendete. Dadurch konnten plötzlich japanische Kunstgegenstände nach Europa gelangen. "Die Begegnung mit Japan bildet eine entscheidende Triebfeder des Impressionismus", erklärt Museumsdirektor Oliver Kornhoff. Die Japan-Begeisterung der Künstler schlug sich etwa in fernöstlichen Requisiten und Porträts von Geishas im Kimono nieder.

Claude Monet war einer der frühesten Sammler japanischer Grafik im 19. Jahrhundert. Die Ausstellung empfängt den Besucher mit einem Blick in das Speisezimmer des Malers. Fotografien dokumentieren, dass die Wände mit japanischen Holzschnitten bedeckt waren. In Rolandseck wurde ein Teil der Monet’schen Sammlung noch einmal so aufgehängt wie in seinem "Salon bleu".

Der Einfluss der Druckgrafiken, mit denen Monet lebte, lässt sich unmittelbar an einigen seiner Gemälde ablesen. Zum Beispiel an den Felsen im Meer, die deutliche Parallelen zu einem japanischen Holzschnitt mit dem Motiv einer Küstenlandschaft erkennen lassen. Da sind die Seerosen und nicht zuletzt die Brücke in Monets japanischem Garten. Die in flirrenden Farben fast zu einer reinen Form verschwimmende Brücke verweist bereits auf die Auflösung der gegenständlichen Malerei. "Der Weg in die Abstraktion führt letztlich auch über Japan", schlussfolgert Kuratorin Susanne Blöcker.

Nicht nur für Monet gehörten japanische Kunstgegenstände offenbar zum Alltag. Auch andere Künstler öffnen mit ihren Gemälden den Blick in japanisch dekorierte Innenräume. Schön zu sehen ist das zum Beispiel an Félix Vallottons Gemälde "Max Rodrigues-Henriques im Atelier seines Stiefvaters Félix Vallotton". Im Hintergrund der dargestellten Szene ist ein Holzschnitt des japanischen Künstlers Kitagawa Untamaro zu sehen. Gleich neben dem Bild hängt eine Reproduktion dieser Druckgrafik.

Paul Signac und William Merritt Chase beispielsweise nehmen die japanischen Accessoires bewusst in ihre Gemälde auf. Sie kleiden ihre Modelle in Kimonos und umgeben sie mit japanischen Gegenständen wie Fächer, Porzellan oder Paravents. Die japanische Geisha stand für sinnliche Exotik.

150 Jahre später ist aus der lasziven oder auch fügsamen Geisha das "Magical Girl" geworden. Geschichten von Mädchen mit übernatürlichen Kräften haben sich als Manga-Genre etabliert. Statt scheu den Blick zu senken, vertreibt etwa das Manga-Mädchen "Seven" nachts ein garstiges Monster aus dem Arp Museum, das sich über die Bilder hermacht. Die bekannte Zeichnerin mit dem Künstlernamen Pummelpanda hat das Manga eigens für die Ausstellung geschaffen.

Der meterlange Comic-Strip bildet den Übergang zum zweiten Teil der Schau, die zeigt, dass der kulturelle Einfluss Japans in Europa bis heute wirkt. Zeichentrickfilme wie "Heidi" oder "Biene Maja" waren Teil der Kindheit von Generationen. Zu sehen sind auch Filmausschnitte aus bekannten neuen Animes.

Nicht zuletzt lädt der zweite Teil der Ausstellung die Besucher auch dazu ein, selbst ein Teil der Manga-Welt zu werden. Es liegen Kostüme bereit, mit deren Hilfe Besucher sich in einen Manga-Charakter verwandeln können. Eine sinnliche Erfahrung bietet auch der vom Gartendesigner Peter Berg entworfene japanische Felsengarten vor dem Arp Museum.