Im Rechtsstreit um das Schicksal des ehemaligen Förderschülers Nenad M. akzeptiert das Land NRW das Urteil des Landgerichts Köln. Wie ein Sprecher der Bezirksregierung Köln am 23. August mitteilte, verzichtet das Land auf eine Berufung gegen die vor gut einem Monat gefallene Entscheidung, wonach das Land Nenad M. entschädigen muss. Das Urteil ist damit rechtskräftig (AZ.: 5 O 182/16).

Der 21-Jährige hatte das Land in dem Zivilverfahren verklagt, weil er nach seiner Ansicht zu Unrecht jahrelang auf einer Förderschule unterrichtet wurde. Über die Höhe der Entschädigung wird das Gericht nach einer weiteren Beweisaufnahme noch entscheiden müssen, dazu soll auch ein psychiatrisches Gutachten erstellt und geklärt werden, ob der junge Mann an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Nenad M. selbst hatte einen Verdienstausfallschaden von fast 40.000 Euro und ein Schmerzensgeld wegen der erlittenen psychischen Schäden in Höhe von 20.000 Euro gefordert.

Nach Ansicht des Gerichts hätte der Schule bei der jährlichen Überprüfung des Förderbedarfs auffallen müssen, dass Nenad M. keinen Förderbedarf im Bereich Geistige Entwicklung hatte. Bei der gebotenen Prüfung wäre auch der falsche Förderschwerpunkt festgestellt worden und der Kläger hätte auf eine andere Schule wechseln können, auf der er zeitnah einen Hauptschulabschluss hätte erwerben können, erklärte das Gericht.

Nenad M. hat nach Angaben des Elternvereins Mittendrin, der die Klage unterstützt, fast elf Jahre lang eine Schule für geistig behinderte Menschen besucht, obwohl er durchschnittlich begabt ist. Trotz jahrelanger Bitten an seine Lehrer habe er erst kurz vor seinem 18. Geburtstag auf ein Berufskolleg wechseln dürfen, wo er mit Bestnoten seinen Hauptschulabschluss nachgeholt hatte.

Zugleich rief der Verein NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) dazu auf, aus dem Fall Konsequenzen zu ziehen. Vor allem Kinder aus schwierigen Verhältnissen und Zuwandererfamilien sowie geflüchtete Jugendliche würden oft in Schulen für geistig Behinderte unterrichtet, obwohl dies gar nicht nötig sei. Deshalb müsse eine Kommission eingerichtet werden, die überprüft, ob Schülerinnen und Schüler zu Recht in Förderschulen unterrichtet werden oder ob ihnen dort Bildungschancen vorenthalten werden.