In der deutschen Pflegebranche werden Jahr für Jahr viele Milliarden Euro umgesetzt. Tendenz steigend. Weil hier sicheres Geld zu verdienen ist, tummeln sich vermehrt auch institutionelle Anleger wie Staatsfonds, Banken oder Versicherungen auf diesem Parkett. Sie haben ein klares Ziel: Renditen zu erwirtschaften. Das gefällt nicht jedem.

Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sind die sogenannten "Private-Equity-Fonds" ein Dorn im Auge. Deshalb überlege er, ob zweistellige Renditen bei Investoren in der Pflege nicht gesetzlich unterbunden werden könnten, sagt er jüngst. Solch hohe Gewinne "für Finanzinvestoren und Kapitalgesellschaften, das ist nicht die Idee einer sozialen Pflegeversicherung". Doch unklar bleibt, ob und wie er das überhaupt bewerkstelligen könnte. Sein Ministerium reagierte auf Anfrage des epd nicht.

Bernd Meurer, der Präsident des Bundesverbandes der privaten Anbieter sozialer Dienste (bpa), schüttelt über Spahns Pläne den Kopf: Eine Renditebegrenzung sei durch nichts zu begründen, es wäre "ein Angriff auf die privaten Akteure in der Pflege". Meurer stellt mit Blick auf die institutionellen Investoren klar: "Der Pflegemarkt ist nach wie vor kleinbetrieblich und mittelständisch geprägt. Die großen Betreiber weisen einen Marktanteil von nicht einmal fünf Prozent auf." Derzeit gibt es bundesweit knapp 11.400 Heime.

80 Milliarden Euro

Der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB) appelliert an die Politik, "in der Pflege die Dynamik eines Wettbewerbs zu fördern und nicht abzuwürgen". Private Pflegeunternehmen müssten unterstützt werden: "Denn die Herausforderung ist enorm: Investitionen von bis zu 80 Milliarden Euro braucht es, um die Versorgung für die Zukunft nachhaltig aufzustellen."

Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, findet dagegen "überhöhte Renditen zulasten der Versorgung Pflegebedürftiger und auf Kosten unterbezahlten Personals unanständig". Eine Begrenzung der Renditen börsennotierter Pflegeanbieter wäre ein Novum, aber rechtlich möglich, wie die Rabattverträge für Arzneimittel zeigten, sagte Hesse. Er lobte Spahns unbedingten Handlungswillen.

Front gegen die Privatisierung von Heimen macht auch Ulrike Höhmann von der Universität Witten/Herdecke. "Wenn Gesundheitseinrichtungen als rein renditeorienterter Wirtschaftsbetrieb geführt werden, dann ist das schlicht unmoralisch", kritisierte die Expertin.

Wie sich das Angebot an stationären Einrichtungen entwickeln wird, ist der Studie "Struktur des Pflegemarktes in Deutschland und Potenziale seiner Entwicklung" für das Bundeswirtschaftsministerium aus dem Jahr 2016 zu entnehmen. Demnach gewinnt vor allem der private Markt weiter hinzu: Die Zahl der privat betriebenen Pflegeheime wird bis 2030 um voraussichtlich rund 2.600 auf dann fast 8.000 Heime steigen - ein Zuwachs von 48 Prozent.

Mehr als die Hälfte privat

Etwa fünf Prozent der rund 930.000 Pflegeheimplätze sowie fast alle großen privaten, überregionalen Intensivpflegedienste seien im Besitz von institutionellen Anlegern, heißt es bei der Gewerkschaft ver.di: "Der zunehmende Einkauf von privaten Betreibern in den Pflegemarkt setzt auch die Altenpflegeeinrichtungen der Kirchen und Wohlfahrtsverbände zunehmend unter Druck." Der Anteil privater Pflegebetriebe sei zwischen 1999 und 2015 von 43,7 auf 52,3 Prozent gestiegen.

Der VDAB betont, gegen die Übernahme von Einrichtungen durch finanzstarke Investoren gebe es kaum Mittel. "Man kann niemals ausschließen, dass auch ein Mittelständler sein Unternehmen verkauft", sagte Sprecher Jens Ofiera. Doch er betonte zugleich: "Kein mittelständischer Unternehmer verkauft sein wirtschaftlich gut und solide aufgestelltes Haus." Grund könnte eher Frust sein, der durch die pauschale Verurteilung als "böse und nur auf Gewinn fokussierte Unternehmer" entstehe.

Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (2015) ergibt sich bis zum Jahr 2030 ein zusätzlicher Bedarf von 180.000 bis 220.000 zusätzlichen Betten in der Pflege. Ohne private Investitionen dürfte das kaum zu schaffen sein. Das weiß auch Spahn: "Ein Platz im Pflegeheim erfordert Investitionen von etwa 120.000 Euro. AWO, Caritas und Diakonie allein werden die Milliarden nicht aufbringen."