Nach scharfer Kritik an ihrem "Pro und Contra" zur Seenotrettung im Mittelmeer hat die Wochenzeitung "Die Zeit" Fehler eingeräumt. Es sei heikel gewesen, ein solches "Pro und Contra" zu einer Zeit zu bringen, "da es bei der staatlichen Seenotrettung politisch gewollte Lücken gibt", erklärte die Chefredaktion in einem Editorial (Ausgabe vom 19. Juli). Es sei der Eindruck entstanden, die "Zeit" vertrete die Meinung, es sei diskutabel, dass Seenotrettung überhaupt stattfinde.

Die Überschrift "Oder soll man es lassen?" habe dies verstärkt, zumal erst in der Unterzeile deutlich geworden sei, dass es um private Seenothilfe ging. Tatsächlich vertrete niemand bei der "Zeit", auch die Autorin des Contra-Artikels nicht, die Auffassung, dass man Menschen ertrinken lassen sollte. "Solche inhumane Logik lehnen wir ab. Dass ein anderer Eindruck entstehen konnte, tut uns von Herzen leid", schreibt die Chefredaktion.

In dem Contra-Text von Mariam Lau sei zudem nicht genügend zum Ausdruck gekommen, dass die Zeitung und auch die Autorin großen Respekt vor den Helfern hätten, die Freizeit und Geld einsetzten, um Menschen zu retten, und sich oft auch selbst in Gefahr brächten. "Unabhängig davon, aus welcher Motivation und mit welchem Weltbild die Retter handeln, sind sie erst einmal zu bewundern. Was nicht bedeutet, dass die politischen Folgen ihres humanitären Handelns nicht auch kritisch gesehen werden können", so die "Zeit".

Miriam Lau hatte in ihrem Beitrag unterstrichen, dass die Seenotretter "Teil des Geschäftsmodells der Schlepper" seien und darauf verwiesen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Nähe der Rettungsschiffe und der Zahl und Qualität der Flüchtlingsboote gebe. "Je mehr gerettet wird, desto mehr Boote kommen - so einfach ist das, und so fatal", schrieb Lau. Zugleich stellte sie infrage, dass die Rettung, die eine Aufgabe von Staaten sein solle, von Privaten übernommen werden müsse.

Viele Leser äußerten sich daraufhin empört und kritisierten die "Zeit" nach eigenen Angaben massiv. In Online-Kommentaren wurde der Zeitung Rechtspolulismus vorgeworfen. In sozialen Netzwerken ergoss sich ein Shitstorm über die Autorin. Die "Zeit" versprach, "es in Zukunft wieder besser zu machen".