Gesundheitsexperten haben den Vorstoß der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die Einführung einer Patientengebühr in Notaufnahmen zurückgewiesen. Der Medizinethiker Eckhard Nagel sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), eine solche Eintrittsgebühr sei unsozial. Auch der SPD-Politiker Karl Lauterbach und die Grünen-Expertin Kirsten Kappert-Gonther gingen auf Distanz zu der Idee, 50 Euro von Patienten zu kassieren, die eine Klinikambulanz mit Bagatell-Beschwerden aufsuchen. Eine solche Gebühr hatten die Kassenärzte jüngst ins Gespräch gebracht, um die Ambulanzen vor allem an den Wochenenden zu entlasten.

Medizinethiker Nagel: sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), eine solche Eintrittsgebühr sei unsozial.

"In dem Moment, wo bestimmte Gruppen der Bevölkerung es sich nicht mehr leisten können, wenn sie unsicher sind, zu einer Notfallambulanz oder Notaufnahme zu gehen, riskieren wir einen Grundpfeiler unseres solidarisch organisiertem Gesundheitssystems", erklärte Nagel. Diese schlichte ökonomische Sichtweise sei "zu banal" und werde dem Thema nicht gerecht.

Für den Teils gravierenden Anstieg von Patientenzahlen in Notaufnahmen gebe es viele Gründe, führte der Professor am Institut für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften der Universität Bayreuth aus. "Es ist eine komplexe Gemengelage und nicht eine neue Bequemlichkeit unserer Bevölkerung."

Sinnvoll sei der Vorschlag, Notarztpraxen als eine Art kassenärztlichen Bereitschaftsdienst in die Nähe von Notfallambulanzen in Krankenhäusern zu legen, sagte Nagel. Diese könnten eine erste Anlaufstelle sein und im Zweifelsfall entscheiden, wer in die Notaufnahme weitergeleitet werde.

Lauterbach sagte der "Passauer Neuen Presse" (17. Juli): "Der Ruf nach einer Rettungsstellengebühr für Notfallpatienten ist abwegig." Das Problem sei, dass man bei Fachärzten viel zu lange auf eine akute Behandlung warten müsse. Anstelle dieses Problem endlich zu lösen, wolle die Kassenärztliche Vereinigung die Patienten bestrafen.

Zur Lösung des Problems schlug der SPD-Politiker vor, dass in den Notfallzentren der Kliniken auch niedergelassene Ärzte arbeiten sollten. Sie könnten dann die Fälle übernehmen, die nicht der Notfallbehandlung bedürften.

Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Gesundheitsförderung der Grünen, forderte, die Notfallversorgung in Deutschland zu reformieren. "Kein Mensch setzt sich aus Langeweile in die Notaufnahme. Gebühren sind der falsche Weg, weil sie Menschen aus finanziellen Gründen davon abhalten können, sich nötige Hilfe zu suchen."

Statt Eintrittsgelder zu verlangen, müsse die Notfallversorgung verbessert werden. "Viele der Probleme in den Notaufnahmen lassen sich lösen, wenn es ein klar verständliches Angebot aus einer Hand gibt: eine Notrufnummer, eine Anlaufstelle, eine einheitliche Ersteinschätzung", sagte Kappert-Gonther. Hierfür müssten Krankenhäuser und niedergelassene Ärztinnen und Ärzte besser als bislang zusammen arbeiten.