Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) hat die Abschiebung des als Gefährders eingestuften Tunesiers Sami A. verteidigt. "Der Rückführung standen keine Abschiebeverbote entgegen", sagte Stamp am 20. Juli im Düsseldorfer Landtag in einer kurzfristig zum Thema einberufenen, gemeinsamen Sondersitzung des Rechts- und des Integrationsausschusses. Sami A. sei nachvollziehbar ausreisepflichtig gewesen. Grüne und SPD kritisierten Stamp scharf und zweifelten die Rechtmäßigkeit der Abschiebung an.

Der als Gefährder geltende Sami A., der Leibwächter von Osama bin Laden gewesen sein soll und seit Jahren in Bochum gelebt hatte, war nach Tunesien abgeschoben worden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte allerdings kurz zuvor geurteilt, dass er wegen möglicher Foltergefahr nicht in das nordafrikanische Land abgeschoben werden dürfe. Dieser Beschluss wurde jedoch erst übermittelt, als das Flugzeug mit A. bereits unterwegs war. Das Gericht fordert nun, dass A. nach Deutschland zurückgeholt wird. NRW will den Rückholbeschluss nicht akzeptieren.

Gericht entscheidet über Rückholung

Stamp räumte in der Anhörung ein, dass die Umstände der Abschiebung "an der Stelle sehr unglücklich gelaufen" seien. "Wir haben uns an Recht und Gesetz gehalten", betonte er. Die Vorbereitung einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei der Landesregierung nicht bekannt gewesen. Man habe in der Sache nur mit Stellen wie der Bundespolizei gesprochen, die zwingend rechtlich informiert werden müssten. Das Gericht gehöre nicht dazu.

Nach dem Land vorliegenden Erkenntnissen drohe A. in Tunesien keine Folter. Auch habe die tunesische Regierung ein "ureigenes Interesse", die Einhaltung der Menschenrechte gegenüber Europa zu demonstrieren, erklärte er. Ob Sami A. nun aus Tunesien zurückgeholt werden muss, prüft nun das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster.

SPD und Grüne pochen weiter auf Aufklärung

Die Opposition von SPD und Grünen warf Stamp vor, das Land in eine Vertrauenskrise geführt zu haben. "Er hat die Grundsätze der Gewaltenteilung bewusst missachtet, um seinen politischen Willen durchzusetzen", kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Sven Wolf. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Stefan Engstfeld, zeigte sich enttäuscht von der Sitzung. "Viele Fragen sind ignoriert, unbeantwortet oder weggeschwafelt worden", erklärte er. Von NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) forderte Engstfeld eine klare Positionierung zu Stamps und Ministerpräsident Armin Laschets (CDU) Äußerungen. Beide hatten die Abschiebung als rechtmäßig bezeichnet. Biesenbach widersprach den Vorwürfen und warf der Opposition vor, zu versuchen, den Vorfall "politisch zu instrumentalisieren".

Die Initiative für die Sitzung zu dem Thema war ursprünglich von den Fraktionen der SPD und Grünen ausgegangen. Sie hatten zunächst eine Sitzung des Rechtsausschusses beantragt. Die Fraktionen von CDU und FDP hatten daraufhin auf eine gemeinsame Sitzung der beiden Ausschüsse gedrungen, weil auch das Integrationsministerium in dem Fall betroffen ist.