Im Keller surren 14 Nähmaschinen. Frauen mit Kopftüchern nähen Trainingsanzüge, Westen und Hemden. Ein christliches Hilfswerk betreibt die Werkstatt in einem Gebäude in der Küstenstadt Latakia im Norden Syriens: Gopa-Derd. Das Kürzel steht für Griechisch-Orthodoxes Patriarchat von Antiochien - Abteilung für Ökumenische Beziehungen und Entwicklung. Die Diakonie Katastrophenhilfe unterstützt das Hilfswerk.

Weil die Männer bei der Armee oder außer Landes sind, lernen fast nur Frauen in der Näherei von Latakia. Nach mehrmonatiger Ausbildung bekommen sie ein Zertifikat sowie Startgeld für Nähgarn, Stoff und eine Nähmaschine - für die Selbstständigkeit. Die Frauen sollen für ihren Unterhalt selbst sorgen können.

Die Kirche hilft ohne Ansehen der Religion. Die Christen in Syrien brauchen auch das Wohlwollen der anderen Religionsgemeinschaften. Im siebten Kriegsjahr setzen fast nur noch sunnitische Rebellen den Aufstand gegen das Regime fort. Christen, Alawiten und andere scharen sich hinter Diktator Baschar al Assad. Ausländische Mächte befeuern den Krieg. Etwa die Hälfte der 18 Millionen Syrer sind aus ihrer Heimatregion geflohen. Jeder zweite Flüchtling blieb im Land.

Werkstatt in Latakia

Schaajaan A. ist Sunnit. Der junge Mann floh 2011 mit seiner Familie aus Aleppo, leistete Militärdienst und bügelt jetzt in der Werkstatt in Latakia Strass auf T-Shirts und Innenkragen in Trainingsjacken. Der 26-Jährige streicht das Material glatt und presst ein Bügeleisen darauf, schnell und routiniert. In Aleppo hatte Schaajaans Familie ihr eigenes Haus. Mittlerweile lebt er mit seiner Frau und der drei Monate alten Tochter in Latakia zur Miete. Das Gehalt aus der Näherei hat er bitter nötig. Es geht Schaajaan wie vielen anderen Syrern, die ihr Eigentum verloren haben und nun zu hohen Mieten in kleinen Unterkünften hausen.

Der Lehrer Hussam Abu-K., 44, wohnte bis August 2016 mit seiner Mutter in der Kleinstadt Skeilbija nordwestlich von Hama. Die Vier-Zimmer-Wohnung über einem Laden hatte sein Vater gekauft. Dann traf eine Rakete die belebte Verkehrsstraße vor seinem Wohnzimmerfenster, an dem Hussams Onkel stand. Splitter streuten über die ganze Umgebung. Etwas traf den Onkel am Hals, er war sofort tot. Die Wand im hinteren Flur ist heute noch durchsiebt. Nun werden die Schäden beseitigt.

Wohnung renoviert

Hussams Wohnung ist eine von 400, die im Auftrag des griechisch-orthodoxen Hilfswerks in der Region Hama renoviert werden. Arbeiter haben die Wände neu verputzt und im Wohnzimmer nachgemauert. Das Geld kommt von der Diakonie Katastrophenhilfe. Vor allem Alleinerziehenden, Alten, Großfamilien, chronisch Kranken, Mittellosen und akut Gefährdeten wird so geholfen.

In Mhardeh ziehen Handwerker die Schlafzimmerwand einer jungen Frau namens Nermin wieder hoch. Beim Einschlag einer Mörsergranate im Oktober 2017 brach sie sich den Unterarm. Er ist noch immer geschient. Mit ihrem Mann und zwei Kindern bewohnt sie seither das einzige Zimmer, das der Familie geblieben ist.

Nebenan hausen eine alte kleine Frau und ihr zahnloser Mann in einem dunklen Raum. Eine Granate zerstörte Bad und Küche. Nun hocken sie auf ihren Sofas. Im Fernsehen läuft eine arabische Talkshow. Bauarbeiter schleppen Zement durchs Zimmer. Auch das Ehepaar gehört zu den Begünstigten von Gopa-Derd.

75 Kilometer weiter südlich in Homs herrschten von 2011 bis 2014 die Rebellen. Die Altstadt liegt nun weitgehend in Trümmern. In einigen Vierteln stehen nur noch Betongerippe. Der Schutt ist aus den Straßen geräumt. Vereinzelt werden Wohnungen renoviert.

Kein Geld für Herz-OP

Im Wadi al Nasara, dem "Tal der Christen" nördlich der libanesischen Grenze, blieb es dagegen überwiegend ruhig. Viele Flüchtlinge trafen hier ein. Imad B., ein Muslim mit grauem Bart, kam mit seiner Frau und sieben Töchtern aus Homs. Der 58-Jährige fand Arbeit als Wachmann an der Wadi International University. Aber er hat Herzprobleme. Vor dem Krieg war das staatliche Gesundheitssystem kostenlos. Dann brach es zusammen. Wer ärztliche Hilfe braucht, muss in private Kliniken. Und die sind teuer.

Von den monatlich 35.000 syrischen Pfund Gehalt (etwa 55 Euro) brauche er 10.000 für Medizin, sagt Imad. Er hatte einen Herzinfarkt. 200.000 Pfund (315 Euro) habe der Arzt für die Untersuchung verlangt. Tags drauf hieß es: "Wir müssen einen Stent legen - für eine Million syrische Pfund." Imad bekam einen weiteren Infarkt. Er verzichtete auf die Operation und hofft, dass die Tabletten unter der Zunge ihn am Leben halten. Einen Eingriff könnte er nur bezahlen, wenn er finanzielle Hilfe bekommt.