Der Integrationsforscher Haci-Halil Uslucan fordert Lehrer auf, stärker auf die Potenziale von zugewanderten Schülern zu achten. Lehrer und Erzieher sollten bei Schülern mit Zuwanderungsgeschichte deren Fähigkeit "nicht nur daran messen, wie gut sie im Schnitt zu den anderen sind, sondern daran, welche Entwicklungen sie gemacht haben", sagte der Professor der Universität Duisburg-Essen am 10. März in Düsseldorf auf dem Deutschen Schulleiterkongress. Möglicherweise seien die Leistungen dieser Kinder und Jugendlichen nur schwach oder durchschnittlich. "Aber wer sich in nur einem oder zwei Jahren sprachlich verständigen kann, hat möglicherweise hohe kognitive Potenziale, die man entdecken und fördern sollte."

Vielfach würden kulturspezifische Begabungen und Talente von Migrantenkindern zu wenig berücksichtigt und gewürdigt, betonte Uslucan, der auch Leiter des Essener Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung ist. So würden etwa bestimmte Formen der Musikalität oder Körperbeherrschung hierzulande noch zu wenig anerkannt. Gerade Flüchtlingskinder seien benachteiligt, weil sie aufgrund der Flucht oftmals ein oder mehrere Jahre lang keinen Schulunterricht hatten.

Uslucan wies darauf hin, dass Schülerinnen und Schüler mit Einwanderungsgeschichte in Deutschland deutlich häufiger ein Schuljahr wiederholten als ihre deutschen Mitschüler. Die Wiederholerrate sei nicht selten doppelt oder viermal so hoch, erklärte der Integrationsforscher. Vielfach hätten diese Schüler in der Vergangenheit Erfahrungen der Hilflosigkeit gemacht, die sie dann irgendwann verinnerlicht hätten. "Das heißt, sie haben mehrere Versuche unternommen, sind gescheitert und haben dann Hilflosigkeit als misslingenden Bewältigungsstil erlernt", sagte Uslucan.