Berlin (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat eine größere Anerkennung des Einflusses der Sinti und Roma auf die europäische Kultur gefordert. Es gebe in Europa und Deutschland "eine oft bewusst oder unbewusst übersehene, vernachlässigte, ja verdrängte oder sogar unterdrückte Kultur", sagte Steinmeier laut Redemanuskript bei einem Kulturabend der Roma, Sinti und Jenischen am 22. Januar im Berliner Schloss Bellevue. Gerade dort, "am Sitz des Staatoberhauptes unseres Landes" sollte diese Kultur sichtbar gewürdigt werden. Mit dem Abend wolle er ein deutliches und längst überfälliges Zeichen setzen, sagte Steinmeier.
Der Bundespräsident hatte zu dem Abend Autoren, Musiker und eine bildende Künstlerin eingeladen. Er erinnerte an die Verfolgung von Sinti und Roma im Nationalsozialismus. Eine halbe Million Sinti und Roma wurden von den Nazis ermordet. Steinmeier mahnte, in vielen Teilen Europas würden heute neu Ressentiments gegen Minderheiten, besonders auch gegen Sinti und Roma, geschürt und für politische Zwecke instrumentalisiert. In Italien hatte etwa die rechtspopulistische Lega für Empörung gesorgt mit der Ankündigung einer "Roma-Zählung" mit dem Wunsch, Vertreter der Minderheit ohne Aufenthaltsstatus auszuweisen.
Am Donnerstag soll in Berlin das Online-Archiv romarchive.eu mit Beiträgen zur Kulturgeschichte der Sinti und Roma veröffentlicht werden. Vom 24. bis 27. Januar veranstaltet die Berliner Akademie der Künste dazu ein interdisziplinäres Festival. Steinmeier sagte, er hoffe, dass dadurch ein Beitrag geleistet werden, "dass nach 600 Jahren der Fremdrepräsentation Kunst und Kultur von Sinti und Roma als integraler Bestandteil der europäischen Kulturgeschichte anerkannt" würden.