Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger geht nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit deutlich zurück. Erstmals seit der Einführung der Arbeitsmarktreform lebten im November weniger als drei Millionen Haushalte von der Grundsicherung, wie die Bundesagentur am 4. Januar in Nürnberg mitteilte. Im Dezember sank die Zahl der Hartz-IV-Bezieher weiter. Bundesagentur-Chef Detlef Scheele (SPD) sagte, er sehe keine Notwendigkeit für eine grundlegende Hartz-IV-Reform, wohl aber für Korrekturen. Union und FDP nannten Hartz IV ein "erfolgreiches System".

Die Bundesagentur verzeichnete im Dezember rund 2,995 Millionen sogenannte Bedarfsgemeinschaften. Das sind 5,7 Prozent weniger als ein Jahr zuvor und 17 Prozent weniger als 2008. In den Hartz-IV-Haushalten lebten im Dezember 2018 zusammen gut 5,9 Millionen Menschen, wie die BA weiter mitteilte. Das waren 281.000 weniger als ein Jahr zuvor.

Der Chef der Bundesagentur wertet den Rückgang der von Hartz IV abhängigen Haushalte als Beleg für eine funktionierende Grundsicherung. Viele ehemalige Hartz-IV-Bezieher hätten Arbeit gefunden oder seien in Rente gegangen, sagte Scheele in Nürnberg.

Für den sozialpolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Weiß (CDU), zeigen die Zahlen, dass "es keinen Grund für eine größere Reform oder gar die Abschaffung von Hartz IV gibt". Umfassende Änderungen, etwa bei Sanktionen, gefährdeten die Erfolge: "Wir haben mit diesem System über 1,1 Millionen Empfänger aus der Arbeitslosigkeit geholt", sagte Weiß.

Der sozialpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Pascal Kober, nannte es vollkommen unverständlich, dass Politiker von SPD und Grünen Hartz IV abschaffen wollen. "Stattdessen muss Hartz IV weiter verbessert werden, beispielsweise durch eine maßvolle Ausweitung des Schonvermögens", forderte Kober.

Bundesagentur-Chef Scheele für Reformen

Bundesagentur-Chef Scheele sprach sich ebenfalls für Reformen am Hartz-IV-Gesetz aus. Er plädierte für eine Vereinfachung des Leistungsrechts und für ein Ende härterer Sanktionen von Hartz-IV-Beziehern unter 25 Jahren. Die Sanktionen für Jüngere sollten an diejenigen für ältere Hartz-IV-Bezieher angeglichen werden, sagte Scheele. Die Abschaffung des umstrittenen Gesetzes lehnte er ab.

Scheele wehrte sich gegen Vorwürfe, die Jobcenter drangsalierten Langzeitarbeitslose. Auch zwängen die Jobcenter die Langzeitarbeitslosen nicht, jede Stelle anzunehmen. Vielmehr würden oftmals zweijährige Umschulungsmaßnahmen einer Arbeitsstelle vorgezogen, um auf diese Weise eine "nachhaltige Integration am Arbeitsmarkt zu erzielen", sagte Scheele.

Trotz der positiven Entwicklung bei der Grundsicherung seien "nach wie vor über eine Million erwerbstätige Menschen im Leistungsbezug, die trotz Arbeit mit Hartz IV aufstocken müssen", erklärte der Paritätische Wohlfahrtsverband. Der Sozialverband forderte eine Anhebung der Regelsätze für Erwachsene von derzeit 424 Euro auf 571 Euro und die Einführung einer existenzsichernden Kindergrundsicherung.