Frankfurt a.M. (epd). Der deutsch-israelische Historiker Dan Diner ist am 25. Mai in der Frankfurter Paulskirche mit dem Ludwig-Börne-Preis 2025 geehrt worden. Die Wahl habe der diesjährige alleinige Preisrichter Daniel Cohn-Bendit getroffen, teilte die Ludwig-Börne-Stiftung in Frankfurt am Main mit. Der nach dem Publizisten Ludwig Börne (1786-1837) benannte und mit 20.000 Euro dotierte Preis wird für herausragende Essays, Kritik und Reportagen überreicht.

„In einer Zeit der großen Verwirrung ist Dan Diner ein mutiger Aufklärer, der uns hilft, unsere Epoche immer neu zu reflektieren und zu verstehen“, begründete Cohn-Bendit die Wahl. Der Preisrichter nannte den emeritierten Professor der Hebräischen Universität Jerusalem und der Universität Leipzig einen „Zeitschriftsteller“ ganz im Sinne Ludwig Börnes, der in aktuelle Debatten über den Zivilisationsbruch des Holocaust, die komplexe Konstellation „Israels in Palästina“ und die Zukunft des Westens eingreife.

„Hilft, die Welt historisch einzuordnen“

„Dan Diner ist ein Historiker, der uns ermöglicht, die Welt, in der wir leben, historisch einzuordnen und zu verstehen“, sagte Cohn-Bendit dem Evangelischen Pressedienst (epd) vor der Verleihung. Dessen Habilitationsschrift „Israel in Palästina“ sei eine Voraussetzung dafür, den Konflikt im Nahen Osten zu verstehen. Für Diner liege die Legitimität des israelischen Staates in der Anerkennung eines palästinensischen Staats. „Die Gründung des Staates Israel war eine Emanzipation gegen den englischen Kolonialismus“, erklärte Cohn-Bendit mit Bezug auf Diner. „Der Staat Israel verhält sich heute in den besetzten Gebieten aber wie ein Kolonialstaat.“

„Mit seinem Begriff Holocaust als Zivilisationsbruch prägt Diner auch die Debatte mit dem Postkolonialismus“, würdigte Cohn-Bendit. Der Holocaust stehe für Ausrottung, der Kolonialismus für Ausbeutung. Die Ausrottungspolitik der Nationalsozialisten widerspreche zum Teil der kapitalistischen Logik der Ausbeutung. Diner trete jeder Versuchung entgegen, das Leid des einen mit dem Leid des anderen zu vergleichen.

Erfinder des Feuilletons

Der Ludwig-Börne-Preis wurde erstmals 1993 vergeben. Er erinnert an den Frankfurter Schriftsteller und Journalisten, der wegen seiner scharfzüngigen Prosa als einer der Erfinder des Feuilletons gilt. Preisträger waren unter anderen der Literat Hans Magnus Enzensberger, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck, der Philosoph Peter Sloterdijk, der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). Im vergangenen Jahr erhielt der Schriftsteller Daniel Kehlmann den Preis.