Berlin (epd). Anstatt Althergebrachtes zu bewahren, ist hier radikal Neues entstanden: Die Berliner Sankt Hedwigs-Kathedrale ist nach sechs Jahren Sanierung und Umgestaltung am 24. November wieder eröffnet worden. Der katholische Erzbischof Heiner Koch freute sich, in der Bischofs-Kathedrale künftig Gottesdienste mit der Gemeinde um den jetzt in der Mitte des Raums stehenden Altar zu feiern. In einem Brief lud er die rund 362.000 Katholiken im Erzbistum ein, die Hedwigs-Kathedrale zu besuchen. Zur Wiedereröffnung sind bis Anfang Januar mehrere Gottesdienste, Führungen und Konzerte geplant.
Der weitgehend abgeschlossene Umbau des Kirchenbaus am Bebelplatz hat eine lange Vorgeschichte. Schon die Vorgänger Kochs, der 2011 verstorbene Kardinal Georg Sterzinsky und sein Nachfolger, der spätere Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, der von 2011 bis 2014 katholisches Kirchenoberhaupt in Berlin war, hatten den Umbau ihrer Bischofskathedrale auf dem Schirm.
Denkmalschutz und Urheberrecht vor Gericht
Allerdings war er lange umstritten. Die veranschlagten Kosten sorgten nach gerade ausgestandener Finanzkrise und drastischen Sparmaßnahmen für Aufregung im Erzbistum. Vor Gericht ging es schließlich um den Denkmalschutz und Urheberrechtsklagen.
Kritik gab es vor allem an der Schließung der zentralen Bodenöffnung mit breiter Treppe in die Unterkirche, der Krypta. Diese Bodenöffnung dominierte bislang den Kirchenraum. Die moderne Innenraumgestaltung stammte vom Architekten Hans Schwippert (1899-1973), einem bedeutenden Vertreter der westdeutschen Nachkriegsmoderne.
Nachdem die Kirche im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt war, hatte Schwippert dem kuppelbekrönten Zentralbau im Stil des römischen Pantheons ein neues Innenleben verpasst. St. Hedwig war 1773 der erste katholische Kirchenbau im protestantischen Preußen nach der Reformation.
Liturgische Akzente
Der jetzt vollendete Umbau will vor allem liturgisch neue Akzente setzen: Nach Schließung der Schwippertschen Treppe steht der Altar direkt im Zentrum unter der Kuppel. Die Gemeinde soll sich drumherum um den Tisch des Herrn versammeln. „Keine Masse, sondern Gemeinschaft“, schreibt der Liturgiewissenschaftler Albert Gerhards zur Eröffnung. Die Gläubigen befänden sich mit den Priestern „auf einer Ebene“. Auch Altar und Lesepult sind nicht erhöht wie bislang, sondern „eingebunden in die Versammlung der Gemeinde“.
Dazu hat der österreichische Künstler Leo Zogmeyer einen als Halbkugel geformten Altar geschaffen, „eine Antwort auf die Halbkugel der Kuppel“. Er besteht aus einer hellen Zement-Sand-Mischung mit mehr als 1.000 gespendeten Steinen aus dem gesamten Erzbistum Berlin.
Der Innenraum der Kathedrale besticht jetzt durch seine Helligkeit. Anstelle des dunklen Kapfenberger Marmors besteht der Boden nun aus hellem Donau-Kalkstein. Koch schwärmt von der leuchtend weißen Kuppel, die den Blick nach oben lenke, und von den hohen Fenstern: „Sie zeigen den Berliner Sternenhimmel in der Konstellation zur Zeit der Geburt Christi.“
Krypta neu gestaltet
Die neugestaltete Krypta ist durch eine neue Treppe zu erreichen, die nicht mehr wie bisher den Hauptraum zerteilt, sondern bereits vom Vorraum unterhalb der Orgel in die Unterkirche führt. Dort befindet sich ein tiefes Taufbecken in Kreuzform, genau unterhalb von Altar und Kuppel. Zudem gibt es mehrere Seitenkapellen in der kreisrunden Krypta, unter anderem eine für den nach Nazi-Haft gestorbenen Dompropst Bernhard Lichtenberg (1875-1943).
Der Umbau der Kirche soll am Ende rund 44,2 Millionen Euro kosten. 2016 war mit 40 Millionen Euro gerechnet worden. Sanierung und Teilneubau des benachbarten Bernhard-Lichtenberg-Hauses, das frühestens Ende 2025 fertig ist, werden allerdings erheblich teurer. Die Deckungslücke trage das Erzbistum aus Rücklagen, sagte Dompropst Tobias Przytarski dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Natürlich hoffen wir auch auf Spenden.“