Emilia Pérez
Eine Gangstergeschichte rund um eine Transfrau und das als Musical: Jacques Audiards Film ist ein gewagtes Unterfangen, funktioniert aber erstaunlich gut. Im Mittelpunkt steht der Gangsterboss Manitas del Monte (Karla Sofía Gascón), der eine Geschlechtsumwandlung zur Frau durchführen und damit auch sein altes Leben hinter sich lassen möchte. Er bittet er die Anwältin Rita Moro Castro (Zoë Saldaña), seine Ermordung vorzutäuschen, die Operation zu organisieren und seine Frau Jessi (Selena Gomez) und die Kinder in Sicherheit zu bringen. Der Plan geht auf, Manitas wird zu Emilia Pérez und vom Verbrecher zum Wohltäter und Rita nutzt den Deal ebenfalls für einen Neuanfang. Der Film, der in Cannes zwei Preise gewann und für Frankreich ins Oscar-Rennen geht, ist ein wilder Ritt, bei dem die Musikeinlagen - mal Sprechgesang, mal chansonartige Balladen - den richtigen Ton treffen.
Emilia Pérez (Frankreich 2024). Regie und Buch: Jacques Audiard. Mit: Zoë Saldaña, Karla Sofía Gascón, Selena Gomez, Adriana Paz, Édgar Ramírez, Mark Ivanir. Länge: 130 Min.
Baldiga - Entsichertes Herz
Der Künstler Jürgen Baldiga avancierte in den 80er-Jahren zum Chronisten der schwulen Subkultur Westberlins. Seine HIV-Krankheit 1984 bedeutete das Todesurteil. Wie besessen versuchte er anschließend das Leben in Fotografien festzuhalten, ehe er sich 1993 erschöpft von der Krankheit das Leben nahm. Markus Stein orientiert sich für seinen Dokumentarfilm an den vielen Tausend Fotos von Baldiga und an seinen Tagebucheinträgen, die immer wieder als Offkommentar eingesprochen werden. Gemeinsam mit Super-8-Filmen, Musikstücken sowie Interviews mit Weggefährten und damaligen Szenengrößen entsteht ein eindrückliches Porträt von Jürgen Baldiga und der Geschichte einer ganzen Generation schwuler Männer.
Baldiga - Entsichertes Herz (Deutschland 2024). Regie: Markus Stein. Buch: Ringo Rösener. Mit: Bernd Gaiser, Juliette Brinkmann, Birgit Baldiga, Kaspar Kamäleon, Keikawus Arastéh, Volker Wierz. Länge: 92 Min.
Vena
Jenny (Emma Nova) lebt mit ihrem Freund Bolle (Paul Wollin) in einem anonymen Hochhausblock, ihr Leben scheint trist zu sein, eine harte Vergangenheit wird angedeutet. Drogen dienen Jenny als Flucht aus dem Alltag, und das, obwohl sie hochschwanger ist. Dass Jenny demnächst eine Haftstrafe zu erwarten hat, macht die Situation noch problematischer. Das von ihr verhasste Jugendamt teilt ihr die Hebamme Marla (Friederike Becht) zur Betreuung zu. Nach anfänglicher Ablehnung fasst Jenny Vertrauen zu Marla. Die deutsche Regisseurin Chiara Fleischhacker mutet den Zuschauern in ihrem empathischen Spielfilmdebüt eine schwierige Protagonistin zu. Wie schädlich Drogenkonsum für ein ungeborenes Kind ist, stellt der Film unmissverständlich klar, schafft dies aber, ohne Jenny zu verurteilen oder stereotype Erklärungsmuster zu bedienen.
Vena (Deutschland 2024). Regie und Buch: Chiara Fleischhacker. Mit: Emma Nova, Friederike Becht, Paul Wollin, Barbara Philipp, Edith Stehfest. Länge: 116 Min.
Der Vierer
In der Beziehung von Sophie (Julia Koschitz) und Paul (Florian David Fitz) ist die Luft raus. Um wieder Schwung reinzubringen, planen die beiden einen Gruppensexabend mit Mia (Lucía Barrado) und Lukas (Friedrich Mücke). Doch bereits die Vorbereitung verläuft nicht wie gehofft und der Abend endet natürlich ohnehin im Chaos. Die Darsteller geben im Remake einer spanischen Beziehungskomödie ihr Bestes und präsentieren flotte Dialoge. Plot und Humor wirken stellenweise aber etwas bemüht. Während Lucía Barrado als temperamentvolle Spanierin die undankbare Aufgabe hat, Klischees auszuagieren, sind die anderen Figuren erfreulicherweise eher entgegen der gängigen Stereotype gezeichnet.
Der Vierer (Österreich 2024). Regie: Iván Sáinz-Pardo. Buch: Florian David Fitz, Iván Sáinz-Pardo, Torben Struck. Mit: Lucía Barrado, Florian David Fitz, Julia Koschitz, Friedrich Mücke, Diyar Ilhan, Simon Stefanova. Länge: 90 Min.