Berlin (epd). Die Diakonie Katastrophenhilfe befürchtet einen „Kahlschlag“ bei der staatlichen humanitären Hilfe. Die Präsidentin der evangelischen Hilfsorganisation, Dagmar Pruin, wies am 27. Juli in Berlin auf die hohe Zahl hungernder Menschen weltweit hin und auf die Auswirkungen des Klimawandels. Mit Blick auf den Entwurf des Bundeshaushalts für 2024 sagte sie: „Die geplanten Kürzungen der Bundesregierung bei der humanitären Hilfe sind in Anbetracht der aktuellen Lage rückwärtsgewandt und kurzsichtig.“ Sie fügte angesichts vorgesehener Kürzungen bei den Hilfsmaßnahmen im Ausland um fast eine Milliarde Euro hinzu: „Wer ein so wichtiges Budget um ein Drittel reduziert, kürzt nicht, sondern betreibt Kahlschlag.“
Beim Haushalt hat der Bundestag das letzte Wort. Dort wird Anfang September erstmals über die Einzelpläne für den Etat des kommenden Jahres beraten. Die humanitäre Hilfe ist im Budget des Auswärtigen Amtes veranschlagt, das nach dem aktuellen Entwurf des Bundesfinanzministeriums um fast 18 Prozent schrumpfen soll. Allerdings haben die Bundestagsabgeordneten im Haushaltsausschuss die Möglichkeit, hier noch deutliche Aufschläge zu beschließen.
Pruin betonte, dass das internationale humanitäre System chronisch unterfinanziert sei. Von den rund 50 Milliarden Euro, die in diesem Jahr nötig seien, um die weltweiten humanitären Krisen zu bewältigen, sei aktuell erst rund ein Viertel finanziell gesichert. „Was das zur Folge hat, konnten wir in den vergangenen Monaten beobachten: In Bangladesch wurden mehrfach die Hilfsleistungen für Geflüchtete in den Rohingya-Camps gekürzt. Im Südsudan musste das Welternährungsprogramm im vergangenen Jahr trotz einer drohenden Hungersnot die Nahrungsmittellieferungen zusammenstreichen. Und erst diese Woche musste die Hilfe für syrische Geflüchtete in Jordanien gekürzt werden. Der Grund jeweils: Es war kein Geld da.“
Hohe Spendenbereitschaft
Zugleich würdigte sie die hohe Spendenbereitschaft der Menschen in Deutschland. Dank dieser Spenden hat die Diakonie Katastrophenhilfe 2022 nach eigenen Angaben erstmals bei den Gesamtausgaben für Hilfsprojekte die Marke von 100 Millionen Euro überschritten. Vor allem im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine sei viel gespendet worden. So stiegen die Einnahmen durch Spenden um fast die Hälfte von gut 66 Millionen Euro 2021 auf mehr als 97 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Auch zweckungebundene Spenden, die für schnelle Nothilfe oder für Katastrophen fernab medialer und politischer Aufmerksamkeit genutzt werden, seien um mehr als 20 Prozent auf gut 18 Millionen Euro angewachsen.
Zur Unterstützung der Ukraine sind dem Hilfswerk zufolge 68 Millionen Euro an Spenden eingegangen. Dadurch seien mehr als 30 Projekte in der Ukraine sowie in zwölf Ländern ermöglicht worden, in die viele Menschen aus dem von Russland überfallenen Land geflohen seien. Im Juni dieses Jahres, als der Kachowka-Staudamm im Süden der Ukraine zerstört wurde, sei es indes einer lokalen Partnerorganisation gelungen, binnen weniger Stunden Schlauchboote und Hilfsgüter zu organisieren.
Neben den Spenden erhielt das Hilfswerk laut Jahresbericht 2022 öffentliche Mittel in Höhe von fast 27 Millionen Euro vor allem aus den Budgets des Auswärtigen Amtes und des Bundesentwicklungsministeriums. Insgesamt betrugen die Einnahmen der Diakonie Katastrophenhilfe knapp 135 Millionen Euro. Gut 104 Millionen Euro seien in 125 Hilfsprojekte in 41 Ländern geflossen.