Frankfurt a.M. (epd). Vor dem EU-Innenministertreffen hat die Bundesregierung angekündigt, sich dafür einzusetzen, Kinder und Jugendliche sowie Familien mit Kindern von den Grenzverfahren an EU-Außengrenzen auszunehmen. Solche Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen soll es für Menschen mit geringer Aussicht auf Schutz in der EU geben, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 4. Juni bestätigte. Zuvor hatte der „Tagesspiegel“ darüber berichtet.

Indessen kritisierten die Union und zahlreiche Künstler die Pläne der Bundesregierung. Die EU-Innenminister beraten kommende Woche über eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems.

Der Sprecher des Innenministeriums sagte weiter, dass sich die Bundesregierung im Rahmen der Verhandlungen zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem für konsequenten Menschenrechtsschutz sowie rechtsstaatliche und faire Verfahren an den EU-Außengrenzen einsetze. „Menschen, die vor Krieg oder Terror geflüchtet sind, müssen weiterhin Schutz finden“, sagte er. Gleichzeitig gelte es, auf europäischer Ebene Migration nachhaltig zu ordnen und zu steuern sowie die irreguläre Migration zu begrenzen.

Kritik von der Union

Zuvor hatte Baerbock die Einhaltung europäischer Menschenrechtsstandards an den EU-Außengrenzen angemahnt. Es müsse sichergestellt werden, „dass niemand länger als einige Wochen im Grenzverfahren stecken bleibt, dass Familien mit Kindern nicht ins Grenzverfahren kommen, dass das Recht auf Asyl im Kern nicht ausgehöhlt wird“, sagte die Grünen-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Kritik an den Plänen kam von der Union: Thorsten Frei (CDU), Parlamentsgeschäftsführer der Bundestagsfraktion, sagte dem „Tagesspiegel“: Familien mit Kindern aus dem Grenzverfahren an EU-Außengrenzen auszunehmen, weiche den Ursprungsvorschlag „an verschiedenen Stellen weiter“ auf. „Wenn man Familien von den Verfahren an den Außengrenzen ausnimmt, schwächt das den Ansatz“. Auf deren Bedürfnisse müsse und könne in den Verfahren selbst Rücksicht genommen werden.

Auch der liberale Koalitionspartner, die FDP, hält am ursprünglichen EU-Kommissionsvorschlag fest, wonach nur Kinder unter zwölf Jahren vom Grenzverfahren ausgenommen werden. „Eine menschenwürdige Versorgung aller Flüchtlinge und eine effiziente Durchführung der Asylverfahren an den EU-Außengrenzen muss gewährleistet und sichergestellt sein“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai dem „Tagesspiegel“: „Wenn diese Regeln gelten, dann braucht es auch keine Debatte zu möglichen Ausnahmen, die eine Einigung in Europa wieder nur gefährden würden.“

Appell von Prominenten

Derweil kritisierten zahlreiche Prominente und Künstler die Asyl-Politik der Bundesregierung und forderten humanitäre Verbesserungen des Asylrechts. „Statt pragmatisch und unbeirrt an wirksamen Lösungen festzuhalten, droht der migrationspolitische Aufbruch in einer populistischen Debatte zu ersticken“, heißt es in dem Brief, der von der Hilfsorganisation „Leavenoonebehind“ initiiert wurde. Zu den Unterzeichnern des Briefes gehören unter anderem der Musiker Herbert Grönemeyer, der Moderator Klaas Heufer-Umlauf, die Schriftstellerin Sibylle Berg sowie die Schauspielerin Katja Riemann und die Band Kraftklub.

Hintergrund ist das bevorstehende EU-Innenministertreffen in Luxemburg. Dort soll unter anderem über Verschärfungen bei den Verfahren an den EU-Außengrenzen für Migranten beraten werden. Die Pläne zum europäischen Asylrecht stoßen in der Opposition und bei Menschenrechtlern auf scharfe Kritik: Sie protestieren, dass mit dem Verfahren an der Außengrenze ein Zustand der Rechtlosigkeit geschaffen werde.