Hannover (epd). Ein Kugelschreiber, ein Vampir oder eine Kiwi - die vielfach benutzten Bildsymbole bei Chatnachrichten oder auf Facebook haben in der rechtsextremen Szene eine komplett andere Bedeutung. Da dienen sie als Erkennungszeichen für Holocaust-Leugner, Antisemiten und Transfeinde, wie Referent Magnus Wurm im vollen Workshop-Zelt unter dem Expo-Dach erklärt.

Der täglich beim evangelischen Kirchentag in Hannover angebotene Workshop „Rechtsextreme Codes erkennen und dekonstruieren“ war so gut besucht, dass Interessenten oft auf den nächsten Workshop vertröstet werden mussten. Weitere Workshops boten Argumentationstraining gegen Rechtspopulismus und Rassismus an.

Flut von rechtsextremen Inhalten

Die 24-jährige Teilnehmerin Birte Hofmann aus Bayern findet, angesichts des Erstarkens der AfD „wird die Frage immer wichtiger, wie mit Rechtsextremismus umzugehen ist“. Sie trägt ein schwarzes T-Shirt, auf dem ein Hakenkreuz zerstört wird. Gegenüber Rechtsextremisten müsse man klare Kante zeigen, sagt sie.

Für eine 22-jährige Frau aus Dortmund ist wichtig, mehr über rechtsextrem verwendete Symbole zu erfahren. Die Flut von rechtsextremen und rechtspopulistischen Inhalten, etwa von der AfD, nehme zu. Nicht immer komme man darauf, dass das rechtsextreme Zeichen seien.

Winkender Junge

„Welche von den zehn Emojis haben einen rechtsextremen Bezug?“, fragt Referent Wurm im vollen Workshop-Zelt auf dem Messegelände. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer klicken auf ihre Smartphones und geben ihre Voten ab. Die ersten zwei Symbole können viele noch identifizieren: Ein rotes Kreuz anstelle eines verbotenen Hakenkreuzes oder der winkende Junge, der den Hitlergruß symbolisieren soll.

Viel schwieriger sind rechtsextreme Zusammenhänge hinter Emojis wie einem Kugelschreiber oder einer Kiwi-Frucht zu vermuten. Der Kugelschreiber verweist auf die bei Holocaust-Leugnern beliebte Verschwörungslegende, dass das Tagebuch des jüdischen Mädchens Anne Frank eine Fälschung sei, weil dort Passagen mit erst nach dem Zweiten Weltkrieg gebräuchlichen Kugelschreibern geschrieben worden seien. Die Passagen stammten jedoch von Anne Franks überlebendem Vater, der später mit Kugelschreiber den Text redigiert habe, erläutert Wurm.

Kiwi als Erkennungszeichen der Transfeinde

Mit dem Emoji der Kiwi-Frucht erkennen sich in der rechten Szene Transfeinde, wie Wurm weiter erläutert. Bei der Frucht wachsen sowohl männliche als auch weibliche Blüten am selben Baum. Der Vampir steht bei Antisemiten für ein blutsaugendes Judentum. Damit wird auf Legenden von mittelalterlichen Ritualmorden von Juden angespielt.

Die Emojis selbst seien natürlich nicht verboten, erklärt Wurm, der im Auftrag der Christlichen Arbeiterjugend (CAJ) an Schulen und anderen Einrichtungen Aufklärung betreibt. Sie würden aber anstelle von verbotenen Symbolen verwendet.

Rechte Codes melden und Accounts blockieren

Rechtsextreme nutzten die Zeichen, um sich gegenseitig zu erkennen, erläutert Wurm. „Jetzt kennt Ihr die auch.“ Ziel sei es, „die Leute zu empowern, Wissen zu vermitteln und Handlungsempfehlungen zu geben“, erklärt er.

Man kann durchaus etwas gegen rechtsextreme Codes unternehmen, fügt der Referent hinzu. Man könne diese an die Betreiber der Plattformen melden. Auch könne man solche Accounts blockieren. Und man könne sich von Organisationen wie dem Bundesverband Mobile Beratung Hilfe holen.

Das Wissen um von Rechtsextremen genutzte Codes sollte aber nicht dazu führen, dass die entsprechenden Emojis nicht mehr benutzt werden, sagt Wurm. Denn dann würde man diese den Rechtsextremisten überlassen.